er sich vom Oberlandesrabbiner und seinem Beth-Din Dispens. Entgegenkommend erklärten die Herren: „Dina de-mal- chuta dina“ („Das Staatsgesetz ist Religionsgesetz“). Am Berliner Tor in Potsdam fragt die Schildwache: „Jude, wo will Er hin?“ Ein junger Offizier kommt aus der Wacht- stube. Mendelssohn legt ihm die Einladung vor. Der Leutnant liest darin das Wort „berühmt“. Darum fragt er: „Worin ist Er denn berühmt?“ Mendelssohn: „Ich spiele aus der Tasche.“ Der Offizier: „So, dann gehe Er in Gottes Namen!“ Der Philosoph wird ins Audienzzimmer geführt. Dort findet er den König mit dem Gesandten. Der König (zu Fritzsch): „Eh bien, mon cher Fritzsch, hier haben Sie Ihren Freund!“
Ob sich der König mit Mendelssohn unterhalten hat, ist nicht bekannt.
Der weltberühmte Gelehrte besaß in Berlin kein Wohnrecht, denn er war kein Schutzjude. Er war als Bedienter der Frau Bernard eingetragen! Sie hatte ihn nach dem Tode ihres Mannes als Teilhaber in ihr Geschäft aufgenommen. Wenn sie ihn entläßt, und er keinen anderen Schutzjuden findet, der ihn als „Bedienten“ einstellt, kann ihn die Polizei auf Verlangen der Gemeinde sofort ausweisen. Das wäre für Mendelssohn ein harter Schlag gewesen, denn er hatte sich inzwischen verheiratet.
Marquis d’Argens, ein Mitglied der königlichen Tafelrunde, findet eine solche Rechtlosigkeit mehr als demütigend.
Mendelssohn: „Sokrates bewies es einst seinem Freunde Kriton, daß der Weise schuldig sei, zu sterben, wenn es das Staatsgesetz gebiete. Ich muß also die Gesetze des Staates, worin ich lebe, noch für milde halten, daß sie mich nur aus- treiben, falls mich — in Ermangelung eines anderen Schutzjuden — nicht einer von den Trödeljuden in der Reetzengasse für seinen Diener erklären will.“