Der Marquis: „Guter Moses, machen Sie eine Eingabe an den König. Ich werd’ sie Seiner Majestät persönlich übergeben.“
Mendelssohn: „Es tut mir weh, um ein Aufenthaltsrecht bitten zu sollen, das doch eigentlich jeder Mensch in Anspruch nehmen darf, der als ruhiger Bürger lebt. Wenn aber der Staat überwiegende Ursachen hat, Leute von meiner Nation nur in gewisser Anzahl zu dulden — welches Vorrecht kann ich dann vor meinen Mitbürgern haben, um eine Ausnahme zu verlangen?“
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Mendelssohn an den König.
„Ich habe von meiner Kindheit an beständig in Ew. Majestät Staaten gelebt und wünsche, mich auf immer in denselben niederlassen zu können. Da ich aber ein Ausländer [Anhaltiner] und das nach dem Reglement erforderliche Vermögen nicht besitze, so erkühne ich mich, alleruntertänigst zu bitten: Ew. königl. Majestät wollen Allergnädigst geruhen, mir mit meinen Nachkommen Dero Allerhöchsten Schutz neben denen Freiheiten, die Dero Untertanen zu genießen haben, angedeihen zu lassen, in Betrachtung, daß ich den Abgang an Vermögen durch meine Bemühungen in den Wissenschaften ersetze, die sich Ew. Maj. Pflege vorzüglicherweise zu erfreuen haben.“
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Der Marquis unterbreitete die Bittschrift. Sie blieb unbeantwortet. Als d’Argens, der den Philosophen längst im Besitz der Kabinettsorder wähnte, dies erfuhr, eilte er sofort zum Könige: „Sire, Sie sind doch sonst gewohnt, Ihr Wort zu halten. Sie wissen, daß ich nur selten etwas von Ihnen erbitte. Nun habe ich es einmal getan — nicht für mich, sondern für den rechtschaffensten, würdigsten Mann; und Sie versprachen mir auch die Gewährung, um es her-
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