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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
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hielt das größte Hindernis für die bürgerliche Gleich­berechtigung. Sein Ideal war die Einigung des Judentums mit dem Christentum auf der Grundlage einer gemein­samen, beiden Religionen annehmbaren Formel. Da nun die Aufklärung dem kirchlichen Dogmenglauben den Todesstoß versetzt zu haben wähnte, so hielt Friedländer seinerseits die Preisgabe des jüdischen Zeremonialgesetzes, dessen tiefer Sinn und geschichtliche Bedeutung ihm fremd waren, für ein entsprechendes Äquivalent. Also lag seiner An­sicht nach eine solche Einigung durchaus im Bereich des Möglichen.

In diesem Sinne richtete er an den Berliner Propst Teller ein Sendschreiben, worin er im Nameneiniger jüdischer Hausväter die Bereitwilligkeit zum Glaubens­wechsel erklärte, falls der Geistliche die Taufe nur als einen Aufnahmeakt, nicht als ein heiligendes, erlösendes Sakra­ment vornehme, insonderheit daß er nicht den Glauben an Christus, den Gott, verlange. Er begründete diesen Schritt mit dem angeblichen Widerspruch des jüdischen Religions­gesetzes gegen die fortgeschrittene, ästhetische Kultur der Zeit. Propst Teller erwiderte, an solchen ungläubigen Gläu­bigen, wie der Sendschreiber einer ist, habe die Kirche ge­nug! Mit dem Glauben an die Gottheit Christi stehe und falle das Christentum; er müsse deshalb auf Taufe und Abendmahl in ihrer symbolischen Bedeutung bestehen. Friedländer, dem ein Beitritt statt eines Ü bert ritts vor­geschwebt haben mag, konnte auf eine Taufe im herge­brachten Sinne nicht eingehen.

Wie einstmals Lavaters Sendschreiben, so wurde auch Friedländers Schrift von Christen und Juden als taktlos empfunden. Schleiermacher, der keine Ahnung hatte, wer der Verfasser sein könnte, schrieb:Wie tief ver­wundet muß besonders der treffliche Friedländer sein! Ich bin begierig darauf, ob er nicht seine Stimme gegen diesen

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