Verrat an der besseren Sache erheben wird, er, ein echterer Anhänger Mendelssohns, als dieser hier!“
Um die durch diese Schrift erlittene Demütigung auszuwetzen, nahm Friedländer nunmehr stärker als je zuvor seinen Kampf für die Läuterung seines Väterglaubens wie für die kulturelle und soziale Hebung seiner Glaubensgenossen auf.
Friedländer war weder ein Gelehrter noch ein Reformator. Er war nur Jude. Glühende Liebe zu seiner Glaubensgemeinschaft — er spricht schon nicht mehr von „Nation“! — beflügelte seine Tätigkeit, ob er im Tempel predigte, ob er im „Verein für Kultur und Wissenschaft des Judentums“ mit Heine, G ans, Moser und Zunz jüdische Fragen besprach, ob er Flugschriften gegen die Feinde der Judenemanzipation hinausschleuderte, ob er dem Könige wegen seiner Förderung der Bekehrungssucht heimleuchtete. Daß ihn die Wintersonne der so abgöttisch verehrten Aufklärung blendete — ohne auch nur um einen Grad zu wärmen — ist dem Zeitalter zur Last zu legen, das ihn gebar. Seinen Glauben an eine Allerwelts- oder Menschheitsreligion spiegelt sein Ausspruch (um 1800) wider: „In hundert Jahren gibt es in Berlin keinen einzigen Juden mehr!“ Demgemäß machte er sich keine Sorge um die Zukunft Israels, der „jüdischen Kolonie“, wie er sich vorsichtig ausdrückte. Eine gefühlsmäßige, geschichtliche Bindung an den Väterglauben oder gar an das jüdische Volk kam ihm und seinen Mitstreitern auch dann nicht zum Bewußtsein, als unter der Sonne der Romantik das Gefühl erwachte und in das Zentrum alles Schauens und Begreifens trat.
In dem Streben nach moderner Jugenderziehung begegnete sich Friedländer mit einem anderen Mitgliede des Mendelssohnkreises, Hartwig Wessely, einem Geschäftsmann aus Hamburg. Er war talmudisch durchgebildet, ge-