diegener Kenner und begeisterter Freund des Hebräischen. Als Kaiser Josef II. in seinem Toleranzedikt von 1781 moderne Schulen für die jüdische Jugend forderte, und die österreichischen Juden dies als einen Gewissenszwang empfanden, richtete Wessely an sie „Worte des Friedens und der Wahrheit“, um sie von der Notwendigkeit der Vertauschung ihres barbarischen Kauderwelsch gegen eine reine, wohlklingende Sprache zu überzeugen. Als Mittel hierzu empfahl er gediegenen, vom Leichten zum Schwierigen — nämlich dem Talmudstudium — fortschreitenden Schulunterricht. Wie die Berliner, so witterten auch die österreichischen Altfrommen in der Gründung solcher Schulen eine Abnahme des Bibel- und Talmudstudiums, eine Schwächung des religiösen Sinnes, wenn nicht gar einen Abfall vom Glauben der Väter. Da eine Verfolgung Wesselys auch seinen Gesinnungsgenossen Mendelssohn getroffen hätte, so war in Berlin von einer Opposition gegen kühne Neuerungen, wie Schriftdeutsch und moderne Schulen, nichts zu spüren gewesen. Verfeinerte Kultur, vielseitige Geistesbildung und ästhetisches Empfinden waren in steigendem Ausmaß Allgemeingut der Berliner Juden, namentlich der jüdischen Jugend, geworden.
Die Mendelssohnschen Ideen hatten sich auszuwirken begonnen.
Längst vor dem „Sendschreiben“ hatten jüdische Ideale Friedländer begeistert. Da er sich als Mendelssohns Nachfolger und als Vollstrecker seines Willens fühlte, trat er mit aller Kraft für die Modernisierung des Judentums ein. Den Tempelbesuchern mit geringen Kenntnissen im Hebräischen gab er in seiner Verdeutschung der Gebete die Möglichkeit, sich verständnisvoll am Gottesdienst zu beteiligen. Für die Umwelt übersetzte er Perlen rabbinischer Weisheit. Die jüdische Aufklärungszeitschrift „Meassef“ („Sammler“) förderte er durch literarische Beiträge, wohl auch durch Her-