Wegen Mangels an zahlenden Schülern, andrerseits wegen des Rückganges freiwilliger Spenden befand sich die Freischule — deren Leitung 1806 Lazarus Bendavid übernahm — fortwährend in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Aus diesen vermochte ihr weder die Verpachtung der Druckerei noch die Übernahme und der Vertrieb des jüdischen Kalenders herauszuhelfen.
Zu diesem wirtschaftlichen Moment kam noch ein ideelles.
In seinem Aufklärungseifer hatte Friedländer von dieser jüdischen Schule jede Unterweisung in der Religion und im Hebräischen — als „nicht zum praktischen Leben gehörig“ — ferngehalten. Das stieß die Elternschaft ab. Es wurde nur Unterricht im „jüdischen Schönschreiben“ erteilt. Von den Unterscheidungslehren zwischen Judentum und Christentum sollten die Schüler nichts erfahren, namentlich nichts von der nationalen und historischen Sonderstellung Israels. Judentum galt für Friedländer als eine Religion mit den Dogmen: Einheit Gottes, Offenbarung, Unsterblichkeit der Seele. Alles andere prangerte er als überwundene „Mystik“ an. Lazarus Bendavid hingegen betonte, daß „ohne Religion gar keine, und ohne hebräische Sprache keine jüdische Schule mit Recht auf den Namen einer Bürgerschule Ansprüche machen darf“. Er führte deshalb Reli- gions- und hebräischen Unterricht ein. Bendavid nahm auch christliche, bereits konfirmierte Schüler auf, die selbstverständlich nicht am Religionsunterricht teilnahmen, wohl aber in der jüdischen Kursivschrift unterwiesen wurden, „weil dem christlichen Kaufmann das Jüdischgeschriebene zu lesen bei seinem notwendigen Verkehr mit polnischen Juden sehr nützlich ist“. Nach zehn Jahren (1819) verbot die Regierung den 22 christlichen Schülern der Handelsklasse den Weiterbesuch der Schule. Bei der Abschiedsfeier, die sich (laut Bericht) zu einem „Trauertag“ für die Anstalt
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