Antisemitismus“ gestrichen. Von einer Reichstagswahl zur andern wuchs die judenfeindliche Stimmenzahl. Rektor Ahl- wardt trat in überfüllten Volksversammlungen gegen die Juden auf. In der Neumark (Arnswalde, Friedeberg usw.) fand der Judenhaß besonders günstigen Nährboden. Potsdam erließ ein Schächtverbot.
Flammenzeichen! Weckten sie die Berliner Judenheit?
Als Rabbiner Dr. Maybaum am 27. September 1891 die Synagoge Lindenstraße einweihte, stellte er in seiner Weiherede ein „Erstarken des religiösen Sinnes, wie allgemein wahrzunehmen“, fest. Sieben Jahre später bekam auch der Berliner Westen seine erste Gemeinde-Synagoge (Lützowstraße), zu einer Zeit freilich, als sich dies Stadtviertel zu einer bloßen Geschäftsgegend zu wandeln begann und jenseits des Zoologischen Gartens ein neuer, vornehmer Stadtteil erwuchs. Er bevölkerte sich rasch mit wohlhabend gewordenen Juden aus dem Stadtinnern und durch Zuzug aus der Provinz.
Als der Gemeindevorstand den Landesrabbiner Dr. Weisse aus Dessau berief (1892), gewann die Judenheit des Berliner Westens „ihren“ Rabbiner. Über vierzig Jahre hat er in priesterlicher Milde durch sein zündendes Wort von der Kanzel, auf dem Katheder als Lehrer, in Hunderten von Familien als Freund und Berater seines heiligen Amtes gewaltet. Als er nach Berlin kam, hatte der (religiös-konservative) Pharmakologe Professor Dr. Louis Lewin die Schaffung einer Gemeindebibliothek angeregt. Über Erwägungen, Erhebungen und „wohlwollende Prüfung“ waren die Gemeindebehörden nicht hinausgekommen. Erst als Dr. Weisse sich tatkräftig für die Gründung eines solchen Instituts einsetzte, wurde der von den Berliner Juden freudig begrüßte Plan verwirklicht. Unter der sach- und fachkundigen Leitung des aus Kiel berufenen Rabbiners