auch die Kraft bei, die begangene Sünde in sich wieder zu tilgen und sie durch eigene Buße gutzumachen. Dem Judentum fehlt also die Erlösungslehre nicht. Die Erlösung von der Sünde findet der Mensch durch seine Umkehr und die Gnade Gottes (Ps. 130, 7—8).
Wer der sinnlichen Anlage Nahrung gibt und nicht im Hinblick auf Gott und aus Ehrfurcht vor ihm die höhere Natur der Seele siegen läßt, der schafft in sich, wie der Talmud sagt, einen fremden Gott, d. h. er macht, daß der Naturtrieb zum Bösen, der im religiösen Menschen durch die gute Tat überwunden werden kann, immer stärker wird, so daß er schließlich sein Herr wird. Zwar ist das Menschenherz böse von Jugend an (1. B. Mos. 8, 21), d. h. wie unsere Weisen lehren, schon in der Kindheit kann das böse Beispiel verheerend auf die Seelenreinheit wirken, aber dem bösen Beispiel steht die Erziehung und das gute Beispiel als gleich starke Kraft gegenüber. Das Judentum glaubt also nicht an eine Verderbnis der menschlichen Natur, sondern es behauptet nur eine Schwäche zum Sündigen.
Ist die Seele des Menschen rein, so ist es auch der Körper; der Körper des Menschen, als Geschöpf Gottes, hat keine natürliche Unreinheit an sich. Auch der böse Trieb ist nicht im leiblichen Leben des Menschen begründet. Der Mensch, der sündigt, handelt aus seiner sittlichen Verkehrtheit heraus. Gegenüber allen andern Anschauungen hält das Judentum an der Reinheit des Menschen fest.