sie sich nichts weiter vorzuwerfen hat; ich bin als Arzt gewiss, dass dieser Druck keine übeln Folgen haben werde: aber sie lässt sich nicht ausreden, es sey eine Verhärtung da, und wenn man ihr durch das Gefühl den Wahn benehmen will, so behauptet sie, nur in diesem Augenblick sey nichts zu fühlen; sie hat sich fest eingebildet, es werde dieses Uebel mit einem Krebsschaden sich endigen, und so ist ihre Jugend, ihre Liebenswürdigkeit für sie und andere völlig verloren“. Infolge ihres„Kummers“ entschliesst sich die Gräfin, mit ihrem Manne zu den Herrenhutern zu gehen.
Auch hier liegt eine ausgezeichnete Schilderung voll innerer Wahrscheinlichkeit vor, und man möchte glauben, dass ein wirklicher Vorgang beschrieben sei. In Goethes Sinne ist es von Bedeutung, dass bei beginnender Untreue der Frau ihr das Bild des Ehemannes wider die Brust gedrückt wird, und die hypochondrische Beschwerde erscheint als verkleideter Gewissensbiss. Man kann aber auch von solchen moralischen Erwägungen absehen. Wenn ein Affect durch einen plötzlichen Schmerz unterbrochen wird, so kann der erschreckende Schmerz fixirt werden, sodass sein Nachbild unbegrenzte Dauer erlangt. Bedingung ist eine nervöse Anlage, durch die der Zustand des Affectes ein dem hypnotischen ähnlicher Zustand gesteigerter Suggestibilität wird. Trifft, wie hier, der Schmerz die weibliche Brust, so findet er einen zu krankhaften Eigensuggestionen geeigneten Boden, da die Frauen, oder doch viele von ihnen, in einer fortwährenden