Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
109
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Die schöne Seele.

Angst vor dem Krebse leben. In ähnlicher Weise rufen bei Arbeitern verhältnissmässig leichte Unfälle oft schwere nervöse Störungen hervor, weil die Arbeiter sich immer mit dem Gedanken an Unfälle und an die mit ihnen verbundene Erwerbslosigkeit beschäftigen. Die Unfall-Nervenkrankheiten werden vielfach trauma­tische Neurose genannt, und ein College, dessen Name mir entfallen ist, hat vor einigen Jahren den Zustand der Gräfin als einen Fall traumatischer Neurose be­zeichnet. Indessen liegen da doch Unterschiede vor, und der von Blocq angewendete Name Topoalgie wäre zutreffender. Es bleibt jedoch bei der Gräfin nicht bei der suggerirten Schmerzempfindung und dem Gedanken an die Krebsgefahr, sondern sie glaubt irriger­weise, einen harten Knoten in der Brust zu fühlen.

Diese hypochondrische Wahnvorstellung könnte in Wirklichkeit sehr wohl zur Topoalgie hinzutreten und würde darthun, ‚dass bei der Patientin eine ausge­prägte krankhafte Anlage, nemlich etwas Paranoisches, vorhanden war.

4. Die schöne Seele.

Ich bekam Lust, schreibt Goethe an Schiller, das religiöse Buch meines Romans auszuarbeiten, und da das Ganze auf den edelsten Täuschungen und auf der zartesten Verwechslung des Subjectiven und Ob­jectiven beruht, so gehörte mehr Stimmung und Samm­lung dazu, als vielleicht zu einem anderen Theile. Und doch wäre, wie Sie seiner Zeit sehen werden, eine