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Wilhelm Meister.
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solche Darstellung unmöglich gewesen, wenn ich nicht früher die Studien nach der Natur dazu gesammelt hätte“. Natalie bezeichnet ihre Tante, die schöne Seele, deren schwache Gesundheit sie hervorhebt, als eine schöne Natur, die sich allzu zart, allzu gewissenhaft gebildet habe, die deswegen nicht das geworden sei, was sie der Welt hätte sein können. Goethe sagt zwar nicht und hält wohl auch in Wahrheit nicht dafür, dass ein krankhafter Geisteszustand vorliege, aber er betont so nachdrücklich die körperlichen Krankheiten und die körperliche Schwäche der Mystikerin, dass die Bedeutung des Pathologischen hier nicht zu verkennen ist. Auch das Vorbild, Fräulein von Klettenberg, war kränklich, aber Goethe würde in der dichterischen Darstellung der Krankheit nicht soviel Raum gegönnt haben, wenn er nicht hätte sagen wollen, dass Kränklichkeit eine wesentliche Bedingung der geistigen Beschaffenheit der schönen Seele sei.
Nach Lappenberg hat der alte Goethe zu Alfred Nicolovius gesagt:„Aber freilich, sie war krank, die arme Freundin, sie war krank.“
Näheres ist aus H. Dechent’s Buche(Goethe’s schöne Seele, Susanna Katharina von Klettenberg. Gotha 1896) zu ersehen. Wir erfahren, dass die Aufzeichnungen der schönen Seele in der Hauptsache von Frl. von Klettenberg selbst geschrieben worden sind, dass insbesondere die Schilderung der Entscheidungsstunde von ihr verfasst ist, und dass Goethes Zuthaten nicht gross sind. Die Schwärmerei der Dame scheint zu den aus den Heiligen-Geschichten bekannten