Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1903) Goethe ; Theil 1
Entstehung
Seite
131
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Goethe über Zimmermann.

dass er im Umgang als ein gewandter, weltmännischer Arzt erschien, und seinem innerlich ungebändigten Charakter nur in Schriften und im vertrautesten Um­gange einen ungeregelten Lauf liess. Seine Unterhal­tung war mannichfaltig und höchst unterrichtend; und konnte man ihm nachsehen, dass er sich, seine Per­sönlichkeit, seine Verdienste sehr lebhaft vorempfand, So war kein Umgang wünschenswerther zu finden. Goethe habe sich an Zimmermanns Eitelkeit nicht ge­stossen, er habe, da beide einander gelten liessen, in kurzer Zeit sehr viel von ihm gelernt. Er fügt hinzu, dass eitel eigentlich nicht der richtige Ausdruck sei, da dieses Leere bedeute, Zimmermann aber gerade grosse Verdienste und kein inneres Behagen hatte.

Der Tadel richtet sich gegen Goethes Bemerkungen über die Härte Zimmermanns gegen seine Kinder. Dieser tadelnswürdigen Eigenheit eines so verdienst­vollen Mannes würde ich kaum erwähnen, wenn die­selbe nicht schon öffentlich wäre zur Sprache ge­kommen, und zwar als man nach seinem Tode der unseligen Hypochondrie gedachte, womit er sich und Andere in seinen letzten Stunden gequält. Denn auch jene Härte gegen seine Kinder war Hypochondrie, ein partieller Wahnsinn, ein fortdauerndes moralisches Morden, das er, nachdem er seine Kinder aufgeopfert hatte, zuletzt gegen sich selbst kehrte. Wir wollen aber bedenken, dass dieser so rüstig scheinende Mann in seinen besten Jahren leidend war, dass ein Leibes­Schaden unheilbar, den geschickten Arzt quälte, ihn, der so manchem Kranken geholfen hatte und half. Ja