Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

immer wiederholt, eine recht gefährliche Lehre ist, und dass zweifellos Viele durch sie geschädigt worden sind.

Ich kehre zur Hauptfrage zurück und sage mit Schopenhauer, dass die Handlung vollkommen be­stimmt ist, wenn die Beschaffenheit des Menschen einerseits, die Motive oder das Motiv andererseits ge­geben sind. Das liberum arbitrium indifferentiae, das die Philosophen ausgeheckt haben, und gemäss dem zwei verschiedene Handlungen gleich möglich sein sollen, ist ein Hirngespinnst und sollte nach Schopen­hauers lichtvoller Darstellung endgiltig begraben sein. Jedoch kann man sich nicht verhehlen, dass der Kampf gegen jenes arbitrium eigentlich ein Kampf gegen Windmühlen ist, da doch der nicht philosophisch verbildete Mensch unter Freiheit des Willens gar nicht jenes meint, sondern das Gefühl der Unabhängigkeit, der Aseität, von dem ich oben gesprochen habe. Die Schwierigkeit liegt also ganz wo anders. Das hat auch Schopenhauer gefühlt, und deshalb hat er das CapitelSchluss und höhere Ansicht hinzugefügt.

Ehe ich darauf eingehe, muss ich noch auf einige Unterlassungen Schopenhauers hinweisen. Schopen­hauer nimmt gar keine Rücksicht darauf, dass wir Grade der Freiheit unterscheiden. Die Ursache ist die Gesammtheit der Bedingungen; die Ursache der Hand­lung ist Charakter+ Motiv. Nun kann aber dem Charakter ein grosser Theil zukommen oder ein kleiner. Je bedeutungsvoller das Motiv ist, um so kleiner ist der Antheil des Charakters an der Handlung, und um