Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.
als solcher giebt uns kein Motiv zum Handeln. Indem das Mitgefühl uns verhindert, Andere zu schöädigen, führt es zu Gerechtigkeit, indem es uns antreibt, Anderen zu helfen und wohlzuthun, führt es zu Menschenliebe. Die Sache ist aber nicht so zu verstehen, als ob in jedem einzelnen Falle das moralische Handeln auf Mitleid zu beziehen wäre. Vielmehr hat die Kenntniss vom Zusammenhange der Dinge dahin zu führen, dass aus ihr Maximen erwachsen, die ein für allemal das Handeln regeln, und durch Uebung müssen diese Grundsätze in Fleisch und Blut übergehen.
Erklären kann man das Mitleid nur, wenn man über die Erfahrung hinausgeht und es auf ein Gefühl der thatsächlichen, aber metaphysischen, nicht wahrnehmbaren Einheit der Wesen bezieht. Der Mitleidige erkennt sich in jedem leidenden Wesen: tat twam asi (das bist du).
Gegen Schopenhauers Morallehre kann man an verschiedenen Stellen Einwände erheben, in der Hauptsache aber muss man ihm Recht geben. Seine Abhandlung gehört zweifellos zu dem Besten, was je über Moral geschrieben worden ist. Auf dem Grunde seiner Darlegungen haben die Späteren gearbeitet, und sie sind ihm zu Dank verpflichtet. Eine so absprechende Kritik wie die E. v. Hartmanns erscheint mir als ungerecht, und ihren Schluss finde ich empörend(Phänomenologie des sittlichen Bewusstseins. 1879. p. 240). Hartmann überschreibt seinen Aufsatz: „Moralprinzip des Mitgefühls“. Das erweckt die Vor