Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.
bewussten Vernunft. Wenn es so ist, wenn das Mitgefühl unbewusste Metaphysik ist, dann versteht man nicht, wie Hartmann von Schopenhauers„wunderlicher Ueberschätzung des Mitleids“ reden kann und doch zugleich das„metaphysische Moralprincip Schopenhauers“ in den höchsten Ausdrücken preisen kann. Mit Freuden liest man spät(p. 782) das schöne Lob des Mannes, der vorher(p. 217 ff) hart genug behandelt war.
Ich kann diese gegen Hartmann gerichteten Bemerkungen nicht schliessen, ohne noch auf einen besonders hässlichen Ausfall hinzuweisen:„Was muss Schopenhauer für psychologische Modelle zur Abstraction seiner Behauptungen vor sich gehabt haben, wenn er sagen kann: Der Glückliche, Zufriedene lässt uns gleichgültig!“ Schopenhauer spricht vom Handeln und will sagen, der Anblick der Befriedigten giebt uns keinen Anlass zum Handeln. Das ist doch deutlich. Wenn Hartmann in der folgenden Declamation meint, das Mitleid sei ein plumper Geselle gegen die linde Hand des Mitgefühls, das immer Freudenblumen in das allen gemeine Leidensloos zu weben verstehe, so ist klar, dass die Loosweberei nicht nöthig wäre, wenn kein Bedürfniss danach bestände. Auch hätte sich Hartmann das rührende Bild der Familie unter dem Weihnachtbaume schenken können, denn Schopenhauer sagt ausdrücklich, dass er von verwandtschaftlichen u. s. w. Beziehungen absehe(daher das„als solcher“), was denn auch bei der Betrachtung des rein Moralischen nöthig ist.