Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
237
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Ueber das vierte Buch.

Endlich ist es sicher nöthig, dass die Reflexion nicht bei dem tat twam asi stehen bleibe, dass sie auf Grund der erreichten Einsicht und im Zusammen­hange mit der metaphysischen Auffassung festzustellen suche, was das letzte Ziel der menschlichen Be­strebungen sein müsse. Mag man die Aufgabe mit Hartmann als planmässige Unterstützung des Abso­luten, d. h. Erkenntniss und bewusste Förderung der Ziele der allgemeinen Entwickelung, fassen oder anders; eine Art von Metaethik ist dringendes Bedürfniss. Auch hat Schopenhauer das empfunden und hat seiner Moral als höhere Stufe oder als esoterische Lehre die Anweisung zur Erlösung folgen lassen. Jedoch stellt Schopenhauers esoterische Lehre keine Weiterentwicke­lung seiner Moral, sondern eine Abbiegung vom Wege dar. Ich sehe in ihr eine neben der Moral stehende Heilslehre. Die eigentliche Metaethik aber fehlt bei Schopenhauer.

Schopenhauers Ethik ist reich an vortrefflichen Gedanken im Einzelnen. Wenn ich auf Alles nicht eingehen kann, so möchte ich mir doch nicht ver­sagen, ihn darum zu preisen, dass er auch für die Thiere Gerechtigkeit und Liebe gefordert hat. Je ver­einzelter er in dieser Hinsicht dasteht gegenüber der unglaublichen Rohheit in Theorie /und Praxis, um so grösser ist seine Ehre. Hätte er weiter kein Verdienst, als das, mit flammenden Worten der Thier-Verachtung und Thier-Schinderei entgegengetreten zu sein, so müssten wir ihn allein deshalb lieben und sein An­denken hochhalten.