Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
243
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Ueber das vierte Buch.

theil als wahr, so entsteht in uns ein Lustgefühl. Die Logik enthält die Regeln, nach denen der Wille über­haupt verfährt. Sofern wie wir nun ein Theil des all­gemeinen Willens sind, nehmen wir Theil an der Lust, die die Wahrheit formell gewährt. Wie in der Re­flexion, so kann auch unbewusst in den allgemein menschlichen Gefühlen der allgemeine Wille sich aus­drücken, dessen Theil wir sind. Sofern wie wir aber ein Individuum sind, bringen wir individuelle Regeln des Willens mit, unsere persönliche Art zu reagiren, oder unseren Charakter. Unsere Urtheile hinterlassen einen Rest, die individuelle Erfahrung fügt dem Charakter etwas hinzu, ändert ihn in gewissem Grade ab. Man könnte daher annehmen, dass der individuelle Charakter überhaupt durch Urtheile entstanden sei, aber durch Urtheile vor ihm, oder durch die ganze Erfahrung der Vorfahren, wobei Vorfahren nicht nur Menschen be­deutet, sondern die ganze Reihe der Wesen, die uns vorangegangen ist. Im Grunde ist diese Auffassung oberflächlich und ungenügend, aber auf jeden Fall ist die Erkenntniss, die sich durch Gefühle ausdrückt, etwas Angeborenes. Schopenhauer betont denn auch mit allem Nachdrucke, dass die moralischen Gefühle, die Güte des Herzens, angeboren seien. Die Moralität und die Verneinung des Willens sollen beide auf in­tuitiver Erkenntnis, d. h. auf Gefühlen beruhen, jene aber soll angeboren sein, diese soll durch persönliche Erfahrung erworben werden können. Das geht nicht. Schopenhauer ist sich sicher nicht klar gewesen über die Schwierigkeiten, in die er sich verwickelt hatte.