Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
248
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

durch den Anblick des Leidens und die Verallgemei­nerung des Mitleidens in Gedanken thatsächlich zur Umkehr bewogen worden und glaubte deshalb, die Erkenntniss allein reiche aus. Immer kehrt bei den Buddhisten die Meinung wieder, dass es den Men­schen nur an der Erkenntniss fehle, dass man sie ihnen nur zu predigen brauche, um Einsicht und Besserung zugleich zu erlangen. Schopenhauer suchte sich zu helfen, indem er seine zwei Wege aussann: die intuitive Erkenntniss des Mitleides, d. h. die zum Gefühle gewordene Erkenntniss des allgemeinen Lei­dens, und die unwillkürliche Verallgemeinerung des eigenen, überschwänglich empfundenen Leidens. Jener ist in der Theorie der Normalweg, dieser, der ö&vt&g90s xzAove, die bei geringerer Entwickelung der Erkenntniss zulässige Ausnahme, in der Praxis die Regel. Zu der Behauptung, dass die Verneinung des Willens, die Bekehrung, wirklich vorkomme, wurde Schopenhauer nicht nur durch den Hinblick auf die Berichte von den Heiligen getrieben, sondern auch durch sein eigenes Gefühl. Dieses brachte ihn zu der Ueber­zeugung, dass die Welt im Grunde eine moralische Bedeutung haben müsse. Immer wieder versichert er, die eigentliche Verkehrtheit des Denkens bestehe darin, dass der Welt nur eine physikalische Bedeutung zu­geschrieben werde. Dieser Kampf gegen die absolute Physik gehört zu seinen Ehrentiteln; er ist sozusagen der eigentliche Sinn der Philosophie, seinetwegen müssen wir zu ihr flüchten, wenn die alleinherrschende Naturwissenschaft wie ein todbringender Samum daher