Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.
Güte ist gegeben durch die Grösse des überwundenen persönlichen Interesses. Ganz ähnlich wie beim Guten muss sich die Sache beim Heiligen verhalten. Bei jenem überwindet das Mitgefühl mit bestimmten Leiden den Egoismus im einzelnen Falle, bei diesem das . Mitgefühl mit dem Weltleide den Willen zum Leben überhaupt. Wie dort kann auch hier, und hier erst recht, nur ein Gefühl die Kraft haben, den überaus starken Gegner zu besiegen. Es muss also dem guten Charakter der heilige Charakter entsprechen. Von Allen, die die Noth des Nächsten sehen, hilft nur, wer gut ist, von Allen, die die Heillosigkeit der Welt erkennen, wendet seinen Willen nur, wer heilig ist. Durch die individuelle Erkenntniss wird Keiner weder gut, noch heilig. In beiden Fällen muss der Charakter in der Hauptsache angeboren sein. Fraglich ist nur, ob Einer durch die Erkenntniss etwas besser, etwas heiliger werden kann, als er schon war. Will man die Unveränderlichkeit des Charakters behaupten, so muss man sie für alle Fälle behaupten, kann nicht den Guten fertig geboren werden, den Heiligen durch Erkenntniss entstehen lassen. Bei Schopenhauer wird der Sachverhalt dadurch etwas unklar, dass er die Willensverneinung als eine einmalige Handlung (oder als ein plötzliches Aufhören des Wollens) darzustellen liebt. Bestände die Heiligung nur in Einer Veränderung, so müsste man sie etwa Einer edelmüthigen Handlung gegenüberstellen. Bei Einer Handlung können allerdings die Umstände, d. h. die Erkenntniss, eine grosse Rolle spielen, das Ausser