Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
255
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Ueber das vierte Buch.

kehren können, und die bekehrten Heiligen waren schon vorher latente Heilige.

Wir müssen uns nun die Willensverneinung etwas näher ansehen. Wie giebt sie sich kund, und was hat sie für Folgen? Bei Schopenhauer ist alles schillernd, er kommt aus einer Verlegenheit in die andere, was bei seinen Voraussetzungen auch nicht anders zu er­warten ist. Der Individual-Wille und der metaphy­sische Wille, das Aufhören des Wollens und das Auf­hören des selbstsüchtigen Wollens laufen derart durch­einander, dass Der leichtes Spiel hat, der nur negative Kritik üben will, dass dagegen die Herausschälung des Verdienstlichen recht schwer wird. Zudem ist Schopenhauers Wandlung im realistischen Sinne ge­rade hier so fühlbar, dass sich im Grunde die Aus­sagen der Jugend mit denen des Alters nicht recht vereinigen lassen. Zunächst wäre zu unterscheiden, wie sich die Willensverneinung nach der Theorie dar­stellen müsste, und wie sie sich wirklich darstellt. Da der Leib nichts ist als die Sichtbarkeit des Willens, so müsste beim Aufhören des Wollens nicht nur jede Thätigkeit aufhören, sondern auch der Leib verschwin­den. Da dergleichen nicht vorkommt, sagt Schopen­hauer: wir müssen uns an die Erfahrung halten, und da sehen wir wirklich ein allmähliches Aufhören. Der Verneinende hat kein geschlechtliches Verlangen mehr, er isst nur noch zur Noth, dabei wird er immer schwächer und magerer, und schliesslich geht er ein. Da wir einmal bei der Erfahrung sind, meint Schopen­hauer, so sehen wir, dass der Wille nicht nur allmäh­