Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
262
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

Rolle spielt, machte ihn Schopenhauer zu einem Merk­male der Heiligen. Er hat sich gerade durch das Lob des Quietismus viel Tadel unnöthigerweise zugezogen. In Wirklichkeit aber haben die echten Heiligen mit dem Quietismus nichts zu thun. Von Christus brauche ich nicht zu reden. Auch Buddha war unermüdlich thätig, zog bis zu seinem Ende herum und predigte. Beide haben Arbeit von ihren Jüngern gefordert, und nirgends steht geschrieben, dass das Nichtsthun nütze sei. Waren etwa Franz von Assisi und Filippo Neri, um nur ein paar von Schopenhauer oft angeführte Namen zu nennen, Anhänger des Quietismus? Mehr Schein hat das andere Merkmal der Heiligen, die As­kese, weil oft die Entsagung und die positive Askese ineinander überzugehen scheinen. Indessen sollte man doch unterscheiden und nicht verkennen, dass die Askese im engeren Sinne, so oft sie auch in religiösen Gemeinschaften vorgekommen sein mag, ein Missver­ständniss ist. Christus und Buddha haben beide die eigentliche Askese verworfen. Dagegen ist allerdings Enthaltsamkeit mit der Verneinung des Eigenwillens gegeben, d. h. persönliche Armuth, Ehelosigkeit und strenge Mässigkeit im Essen und Trinken. Das braucht nicht gefordert zu werden, es ist bei den höheren Graden der Religiosität selbstverständlich. Alles Weitere aber ist entweder missverstehender Eifer oder eine sehr unheilige Sucht, sich Vorrechte zu erwerben, wenn nicht überhaupt das Gebiet des Pathologischen be­treten wird. Schopenhauer erkannte in späterer Zeit das Richtige: eswird von Vielen, und vielleicht mit