Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
263
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Ueber das vierte Buch.

Recht, die Askese im allerengsten Sinne, also das Auf­geben jedes Eigenthums, das absichtliche Aufsuchen des Unangenehmen und Widerwärtigen, die Selbst­peinigung, das Fasten, das härene Hemd und die Kasteiung als überflüssig verworfen. Die Gerechtig­keit selbst ist das härene Hemd, welches dem Eigener stete Beschwerde bereitet, und die Menschenliebe, die das Nöthige weggiebt, das immerwährende Fasten. Schopenhauer scheint dabei sogar etwas über das Ziel hinauszuschiessen; der Verzicht auf jedes Eigenthum und das Fasten dürften ihren guten Sinn haben. An dritter Stelle nennt Schopenhauer den Mysticismus und mit ihm hat er Recht. Er kennzeichnet die mystische Auf­fassung alsBewusstsein der Identität seines eigenen Wesens mit dem aller Dinge, oder dem Kern der Welt. Damit sagt er aber zugleich, dass es mit dem blossen Aufhören des Wollens nicht gethan sei, dass bei der Verneinung des Willens ein anderes Centrum des Ich gewonnen werde. Und dann ist klar, dass dem Religiösen an der Einheit mit einem blinden dummen Willen nichts gelegen sein kann, dass der Kern der Welt gleicher Art mit dem Menschen sein muss, dass somit nur ein Gott(in diesem oder jenem Sinne) dem religiösen Gefühle genug thut.

Bei Schopenhauer hat es den Anschein, als ob nicht nur der Eintritt der Verneinung, die Wiedergeburt, mit einem Male geschehe, sondern auch der Mensch entweder Weltmensch oder Heiliger, ganz Bejahung oder ganz Verneinung sei, etwa wie in den alten Schau­spielen Tugendbold und Bösewicht einander gegen­