Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
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Bemerkungen über Schopenhauers Lehre.

des individuellen Lebens zweckmässiger sei; will jemand durch die Askese an der Erlösung der Welt mitarbei­ten, so kann der Andere das allgemeine Beste durch seinen Tod zu fördern glauben. Schopenhauers Vor­eingenommenheit führt ihn schliesslich zu der Be­hauptung, es sei tadelnswerth, wenn Einer sich er­schiesse, aber lobenswerth, wenn er sich verhungern lasse, zu einer Behauptung, die man als reductio ad absurdum bezeichnen kann.

Wir sind am Ende. Schopenhauers Verdienst ist, kurz gesagt, das, dass er das Wesen des Menschen im Willen erkannte, dass er die Aufgabe der Meta­physik in dem Wiederfinden des durch die innere Er­fahrung Gegebenen in der nur als Vorstellung ge­gebenen Welt am Leitfaden der Analogie sah, dass er die Durchbrechung der Individualität durch das Mit­gefühl als Wendepunkt auffasste und den Kern der Religion in der Selbstverleugnung um des Höchsten willen fand. Dadurch ist er zum Reformator der Psychologie, der Metaphysik und der Ethik geworden. Wie jeder Mensch schöpfte er theils aus dem Eigenen, theils aus Fremdem. Aus jenem kam ihm alles Gute, seine Irrthümer aber sind grösstentheils dadurch ent­standen, dass er sich fremden Einflüssen unterwarf. Das Fremde in seinem Blute, Plato, Kant, die Inder, die französischen Materialisten, haderte mit ihm und störte die Entwickelung seiner Gedanken. Seine per­sönliche Schuld war die Zerreissung des Menschen in Intellect und Wille. Sein Charakter verleidete ihn zu manchen Schroffheiten und auch zu vorschnellen