Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1904) Schopenhauer
Entstehung
Seite
278
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Anhang.

Gelb, das sei dahingestellt. Dagegen ist es sicher, dass die Reihe Roth-Gelb-Weiss einen erregenden, die Reihe Grün-Blau-Schwarz einen dämpfenden Einfluss hat. Die stärkste Wirkung auf das Gemüth hat Roth: Muth, Zorn und geschlechtliche Erregung bewirkt es, und zwar ohne Associationen, wie seine Wirkung auf Thiere darthut(man denke nicht nur an das rothe Tuch, sondern auch an die rothen Geschlechts­abzeichen). Gelb wirkt in der Regel erheiternd, Weiss feierlich erhebend. Grün giebt einfache Beruhigung, Blau Sanftmuth, Schwermuth, Schwarz finstere Ahnung.

Das wäre in der Hauptsache das Positive der psychologischen Farbenlehre. Sie ist nicht zu be­weisen, sondern nur darzuthun. Sie kann nicht wider­legt werden, denn sie besteht aus Thatsachen. Mögen Physiolog und Physiker experimentiren und schliessen, wie sie wollen, die psychologische Farbenlehre wird davon gar nicht berührt. Wenn etwa die Gelehrten darthun, man könne aus Farben Weiss machen, so ist das psychologisch Unsinn. Heben wirklich physika­lische Farben oder Pigmente einander auf, so wird das gewiss eine physiologische oder physikalische Bedeutung haben, aber psychologisch genommen ist es eine Zauberei, denn die empfundenen Farben, d. h. also die Farben selbst, können niemals zu Weiss werden, mag es sich um ein Farbenpaar, um drei oder um sieben Farben handeln..Der Streit über die Her­stellung des Weiss aus Farben entfremdete Goethe und Schopenhauer einander. Goethe leugnete sie und hatte Unrecht, weil er die Experimente nicht aner­