Teil eines Werkes 
Bd. 3, Teil 4 (1939) Die Kunstdenkmäler des Kreises Niederbarnim / bearb. von Heinrich Jerchel ...
Entstehung
Seite
175
Einzelbild herunterladen

De

*

(. 1 4 ö . U 4 | A N

K

Oranienburg

175 Der groͤßte, im Pavillon uͤber dem Haſenſaal gelegene Raum enthielt die Porzellankammer, die bedeutendſte 497, 498 in den Schloͤſſern Friedrichs J. und damals die Hauptſehenswuͤrdigkeit des Oranienburger Schloſſes. Sie ſollte das wahrſcheinlich laͤngſt die Fülle nicht mehr faſſen de Porzellankabinett der Kurfuͤrſtin Luiſe erſetzen und bezog daher auch die anſtoßenden Räume im Hauptgeſchoß dieſes Fluͤgels in ihren Zweck ein. Die durch Wandpilaſter und freiſtehende Holzſaͤulen mit vorgekröͤpftem Holzgebaͤlk gebildete Saalarchitektur der eigent­lichen Porzellankammer war ganz auf eine ſtreng ornamentale Auszierung mit Porzellan berechnet, wie ſie . uns Broebes zeigt. Seine Anſicht entſpricht von der frei erfundenen Decke abgeſehen den vertrauens­| würdigen Skizzen und Aufzeichnungen Pitzlers und dem noch erhaltenen Beſtand. Saͤmtliche Wandfelder waren von reihenweiſe angeordneten Tellern gerahmt,welche in einem verguͤldeten Reif ſtunden und dann ſtiffte vorgeſteckt, etwas größere Teller bildeten den Fries unter dem Gebaͤlk, auf deſſen Vorſpruͤngen große Vaſen Platz hatten. Auf dem Geſims waren hinter einer eiſernen Stange große Schuͤſſeln nach vorn uͤber­haͤngend aufgeſtellt; die einſtmals kannelierten Säulen trugen auf je 160 Konfölchen kleinſte Schalen, waͤhrend an den Contrepilaſtern dahinter wieder größere reihenweiſe angebracht waren. Die nicht durch Fenſter oder Türen eingenommenen Wandfeldẽr hatten ſieben aus vielen Tafeln zuſammengeſetzte Spiegel als Hintergrund; für die dicht mit Vaſen beſtellten, geſchnitzten Pyramiden, deren ſechs heute noch in der ſogenannten Porz 504 ö. 4 zellangalerie im Schloß Charlottenburg ſtehen. Sie beſtehen aus einem tiſchartigen Sockel, auf dem ſich ein 4 ſechsſtufiger, pyramidenartiger Aufbau erhebt, geſtuͤtzt durch ein kraͤftiges Akanthusſchnitzwerk, das heute durch moderne Vergoldung entſtellt iſt. Auch die Ruͤckwaͤnde dieſer Pyramiden ſind mit Spiegelſcheiben belegt, um die verwirrende Pracht noch zu erhöhen. Eine weitere Stufenpyramide fuͤr Porzellane, deren Stuͤtzenwerk aus 28 Saͤulen gebildet wurde ſcheinbar erſt ſpaͤter mit dem ſtaͤndigen Anwachſen der Samm­lung aufgeſtellt, da wir ſie weder bei Pitzler noch bei Broebes finden ſtand in der Mitte des Raumes. Der Fußboden war mit Marmor belegt, alle nicht aus Porzellan beſtehenden Zierteile der Architektur waren prunk­voll vergoldet; auch die koſtbaren, vorzugsweiſe blauen Stuͤcke ſelbſt ſollten mehr die Wirkung einer ſchillern­| den Herrlichkeit erzeugen, als im einzelnen mufeal zur Schau geftellt werden, Bei der Einrichtung der Kammer fanden zunaͤchſt die Beftände des älteren Kabinetts Verwendung, die ſowohl chineſiſche wie japaniſche Ge­faͤße in großer Zahl und Varietaͤt umfaßten; fie wurden von Friedrich beſtaͤndig vermehrt. An Ort und . Stelle erhalten ſind heute noch die reich geſchnitzten Kapitelle der Saͤulen und Gehaͤnge unter dem Gebaͤlk ſowie die vollplaſtiſchen gefluͤgelten Putten auf den Verdachungsboͤgen der Tuͤren und die Palmzweige in den Zwickeln der Fenſterboͤgen. Ferner vor allem die Decke, deren weit geſpannte Voute verwirrend reich, wenn auch etwas dünn ſtuckiert iſt. Sie traͤgt als Hauptmotive den auf die Verwandtſchaft und Freundſchaft mit Wilhelm III. von Oranien, König von England, anſpielenden Stern des Hoſenbandordens und das NRad­. monogramm Friedrichs III. Das kreisrunde Gemaͤlde in der Mitte mit dem Heliosgeſpann und Aurora ſtammt 7 wohl von Auguſtin Terweſten. 66. Unmittelbar an die Porzellankammer ſchloß ſich das kleine einfenſtrige, Gelackte Kabinett das im 19. Ih..|

AA AA

2

faͤlſchlich als Sterbezimmer der Kurfuͤrſtin Luiſe bzw. des Prinzen Auguſt Vilhelm galt. Die Wandfuͤllungen waren hier in Lackmalerei mit chineſiſchen Figuren bemalt; die noch vorhandene Decke mit beſonders reichem 499 Geſims, eleganten leichten Stukkaturen darunter in den vier Ecken das kurfuͤrſtliche Zepter und ovalem Spiegel verrät die Hand desſelben Meiſters, der die Decke der Porzellankammer entworfen hat. In den beiden ſuͤdlich anſchließenden Kammern haben ſich nur verhältnismäßig ſchlichte barocke Geſimſe erhalten, in der ſuͤdlicheren als Wulſt mit aufliegenden dicken Blättern; doch find hier noch unter dem erſten König bereits Veraͤnderungen vorgenommen worden. Die naͤchſte Kammer beſitzt außer der barocken Marmor: Kamineinfaſſung noch eine, diesmal weiß gehaltene Stuckdecke(wieder ohne Gemaͤlde), die formal einer 500 anderen Richtung als die vorerwaͤhnten angehoͤrt. Die klaſſiſche Aufteilung, Fuͤllung und Profilierung der Streifen und Felder weiſen auf den als Mitarbeiter an dieſem Fluͤgel bezeugten Stukkateur Simonetti hin, der dieſen Stil an den verſchiedenſten Stellen gepflegt hat. Einen dritten Stil, der aber dem in der Porzellankammer 5or naͤher verwandt iſt, zeigt die Decke des letzten Zimmers in dieſer Flucht, wo ſtrenge Einteilung und plaſtiſche Freiheit auf nicht recht geglückte Weiſe vereinigt ſind; auch die Modellierung der Adler und Girlanden iſt ein wenig ſchwerfaͤllig. Auf dem nicht zu ſeinem Vorteil reſtaurierten Mittelbild der Decke offenbar auch von