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176 Oranienburg
Terweſten— erſcheinen wieder allegoriſche Frauen und Putten mit mannigfachen Porzellangefaͤßen, in der Mitte eine gewaltige chineſiſche Deckelvaſe mit Blaumalerei, die mit einem in Charlottenburg befindlichen Stuͤck identifiziert werden konnte(Boeck Abb. 92). Auch die kleinen Genien in den vier ovalen Eckſpiegeln halten jeder eine kleine Vaſe aus der kurfuͤrſtlichen Sammlung. Vor dieſer Flucht zieht ſich nach dem Hof zu ein Korridor hin, der im 18. Ih. durch Querwaͤnde dreigeteilt war, jedoch ohne die ſchlichten Deckenſpiegel aus weißem Stuck, in denen dieſelben Embleme wie an der Decke der Porzellankammer vorkommen, zu zerſtoͤren. In dem kleinen Durchgangsraum ſuͤdlich vom Korridor begegnet man ſchließlich noch einmal dem Maler der Porzellan-Deckengemaͤlde; hier find es drei Putten, die eine japaniſche Deckelvaſe mit mehrfarbiger Schmelzfarbenmalerei in der Art des Sakaida Kakemono balanzieren!. Alle anderen Teile des Schloſſes, insbeſondere auch das praͤchtige Treppenhaus, ſind infolge vielfaͤltiger ſpaͤterer Eingriffe vollkommen veraͤndert. Die heutige Treppe liegt etwa an der Stelle der erſten Treppe; das in der Baugeſchichte näher gekennzeichnete Treppenhaus Eoſanders befand ſich in der zwei Fenſterachſen breiten Suͤdoſtecke des Corps de Logis ſeitlich der heutigen Treppe.(Vier„Porphyrſaͤulen“ aus Marmor von der Eoſandertreppe befinden ſich heute im Mauſoleum zu Charlottenburg.) 495, 4906 Zwei feinbewegte mythologiſche Stuckreliefs find 1938 wieder an ihre alte Stelle im erſten Obergeſchoß des
Treppenhauſes eingelaſſen worden. Sie zeigen Apoll und Daphne und Apollo als Stifter der Delphiſchen
Joꝛ Spiele. Aus der gleichen Zeit ſtammt der ehemals im, Entrẽe! befindliche ſchoͤne Stuckkamin mit kriegeriſchen Trophäen und der Chiffre des Koͤnigs auf der Bruſt des Adlers. Baugeſchichte (Die Ausfuͤhrungen folgen, wie ſchon im vorigen Abſchnitt, im weſentlichen dem Buche von W. Boeck; umfangreiche Textſtellen find wörtlich daraus übernommen.) Die mittelalterliche Burg Boͤtzow wird wahrſcheinlich am Ort des heutigen Schloſſes gelegen haben. Ihr Ausſehen iſt nicht belegt; moͤglicherweiſe find Kellergewölbe an der Suͤdoſtecke des Schloſſes damit in Verbindung zu bringen. In der Mitte der weſtlichen Haͤlfte des ſtadtſeitigen Hofes wurde(laut einer Notiz im Berliner Lokalanzeiger vom 24. April 1935) im Jahre 1873 bei Grabungsarbeiten Mauerwerk gefunden, und zwar Fundamente eines runden Turmes(), mehrere Kellergewoͤlbe und ein Kellergang, der angeblich ſuͤdwaͤrts bis unter den Platz verlief. Das Jagdſchloß Boͤtzow aus der Zeit des Kurfuͤrſten Joachim II. und ſeines Sohnes Johann Georg iſt bekannt durch die Angaben Zeillers, der„Hiſtoriſchen Nachrichten“ im Br. Pr. HA., und vor allem durch einen bei Boeck vollſtaͤndig abgedruckten Kontrakt vom Jahre 1579, der im GSt A.(Rep. 21 Nr. 134) aufs bewahrt wird. Nach dieſem leitete der welſche Meiſter Wilh. Zacharias aus Coͤpenick damals umfangreiche Umbauarbeiten; es wurden die beiden unteren Geſchoſſe gewoͤlbt und man hoͤrt von einem Saal und zwei Stuben mit Kammern im erſten Obergeſchoß. Vielleicht kann man auch noch Tagebuchnotizen des Grafen Rochus v. Lynar darauf beziehen(Pr. Staatsbibl. Ms. Ber. fol. 296 bzw. 283). Das erſte Schloß Oranienburg wurde auf Veranlaſſung der Kurfuͤrſtin Luiſe Henriette durch Joh. Gregor Memhardt ſeit 1651 errichtet. Später arbeitete daran auch der Hofzimmermeiſter Michael Mathias Smids mit. Beratend ſtand der Bauherrin ihr Hofmeiſter Otto Freiherr v. Schwerin zur Seite. Das Schloß war
474 ein Bau von reinſter hollaͤndiſcher Prägung. Wie der Baumeiſter ihn ſelbſt in dem Kupferſtich der MerianTopographie abbildet, erhob ſich das Hauptgebaͤude dreigeſchoſſig, mit ſteilem, oben flachem Walmdach und einem Turm an der Ruͤckſeite des Daches, von dem der Ausſichtsaltan zugaͤnglich war. Die Schornſteine an den vier Ecken des Altans waren zur Belebung der Silhouette ebenfalls wie kleine Tuͤrmchen mit Hauben, vermutlich aus Gitterwerk, angelegt. An der Vorderfront hatte das Gebaͤude ein leichtes Riſalit mit flachem Giebel; das Dach war hier und auf beiden Seiten, wo ſich je zwei Zwerchhaͤuschen befanden, als viertes Ge
472 ſchoß ausgebaut. Soweit ſtimmt die Abbildung Memhardts mit der auf dem großen Slgemaͤlde im Oranienburger Heimatmuſeum überein. Ein merkwuͤrdiger Unterſchied ergibt ſich aber in der Achſenzahl des Mittelriſalits, das dort fünf, hier nur vier Fenſter nebeneinander zeigt. Zieht man eine Anſicht des Corps de Logis nach dem Umbau der Faſſade durch Nering hinzu, ſo ſcheinen die vier Achſen auf dem Gemaͤlde— von denen
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