Vierraden(Geſchichte). 245
haus, Speicher und Torhaus noch vorhanden. Jahrhunderte lag es dann unbenutzt, das 19. Jahrhundert nahm ſich endlich der immer mehr verfallenden Ruine an: 1842/43 wurde die Turmkuppel wiederhergeſtellt und der Turm beſteigbar gemacht. 1878 wurde der Burgplatz veräußert, nur die Ruine iſt auch heute noch im Beſitz der Hofkammer.
Die Stadt.
In der Literatur finden wir die Angabe, daß die Stadt Vierraden aus einem wendiſchen Fiſcherdorf erwachſen ſei, oder aus einem Burgflecken. Das muß bezweifelt werden, denn noch 1469 bei der Huldigung iſt lediglich vom„Sloß“ Vierraden die Rede (Riedel BV 135). Das ſchließt nicht aus, daß neben Burg und Mühlen) einige Häuſer beſtanden haben; eine Gemeinde bildeten fie nicht. Die dem Oderhochwaſſer ausgeſetzte Gegend der heutigen Stadt lud auch keineswegs zur Anſiedlung ein?).
Sein Daſein als Stadt verdankt Vierraden vielmehr einer fürſtlichen Laune, dem Geltungsbedürfnis der Grafen v. Hohenſtein. Lebhaft werden wir bei dieſer Stadtgründung an die kleinen„Reſidenzſtädte“, die Gründungen der polniſchen Schlachta erinnert, die in der gleichen Zeit aus den gleichen Gründen ſo zahlreich im Poſener Lande entſtanden. Wenn man vielleicht auch nicht ſagen kann, daß die neue Gründung von vornherein zum Kümmern verurteilt war, ſo hat doch die Nähe und günſtigere Lage von Schwedt von Anfang an hemmend auf das Gedeihen des Miniaturſtädtchens ein: gewirkt. Am 30. Auguſt 1515 bewilligte Kurfürſt Joachim J. dem Grafen Wolfgang v. Hohenſtein, daß er„ein Stetlein zum Vierraden, welches der Roſengarten?) genandt ... ſein ſoll“ erbaue, wie auch gleichzeitig die Neugründung von Schwedt. Mit dem Bau ſelbſt hatte man ſchon begonnen, denn„etliche Erbe und Heuſer“ waren„daſelbſt gereidt(bereits) auffgericht und volbracht“ h. Der neue Ort erhielt ſtädtiſche Berfaſſung, 60 Hufen, Holz und Nutzung in der Schwedtiſchen und Vierradener Heide, Braurecht und die Fiſcherei auf der Unterwelſe„zu Fuſſe“; dem Rat ſtanden beſonders zu Gefälle von den beiden(ſpäter 3 Jahrmärkten auf Sonntag nach Bartho— lomäi und Luciä, Untergericht, Abſchoß, Schank- und Zapfengeld im Stadtkeller und der Deichſelpfennig, eine Art Zoll H. Doch beſtand trotz des lebhaften Verkehrs(ſelbſt 1771 noch) kein Schankkrug.
Zu den 1515 erteilten Rechten gehört auch der Gebrauch eines eigenen Siegels und Wappens durch die Stadt. Gemäß dem urſprünglich beabſichtigten Namen Roſengarten zeigt dieſes in Grün eine ſilberne, golden beſpitzte Roſe mit goldenem Butzen.
1) Die Mühle wurde 1665 neu erbaut. Sie verſchwand in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts bei Gelegenheit der Welſeregulierung.
2) Vgl. Riedel D 144: 1588 müſſen die Leute auf die Böden und Söller ziehen, um nicht zu ertrinken. Bis in die jüngſte Vergangenheit hatte V. unter Hochwaſſer zu leiden.
3) Offenbar erhob ſich die Stadt an einer Stelle, an welcher der Flurname„Roſengarten“ haftete. Der neue Name kam jedoch nicht in Aufnahme.
4) Riedel A XIII 457.
5) 1 Bürgermeifter, 1 Kämmerer, 2 Senatoren. Fidiein, Territ. IV 191:
H Privileg Joh. Sigismunds vom 36. April 1619, GSta. Rep. 21 Nr. 171, vol. spec. IV.
Kunſidenkm. d. Prov. Brdbg. III. 3. Angermünde. 17