Teil eines Werkes 
Bd. 3, Teil 3, H. 6 (1931) Stadt Schwedt, Stadt Vierraden, Amtsbezirke Herrschaft Schwedt und Criewen / bearb. von Paul Eichholz und Otto Korn
Entstehung
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Vierraden(Geſchichte). 247

geneigt geweſen. Faſt bei jeder Bürgermeiſterwahl platzen die Meinungen erregt auf einander; und das ganze Jahrhundert iſt erfüllt von Streit um Wahlen, Beſtäti­gungen, Jurisdiktion, zwiſchen Magiſtrat und Bürgerſchaft, zwiſchen der Stadt und der Kammer, dem Markgrafen, dem König ein unerquickliches Bild. Die Stadt ging in dieſem Zeitraum zurück: 1735 zählte ſie 733, 1771 nur noch 692 Seelen. Sie hatte damals 95 Bürgerhäuſer aus Holz und Fachwerk, von denen 72 Ziegel, 23 noch Schindel dächer beſaßen. Wüſte Stellen beſtanden nicht mehr. Von den 69 Scheunen lagen 43 in der Stadt, 26 vor den Toren, die Mühlen-, Schwedtiſches und Neues Tor hießen). Unter den Einwohnern finden wir 64 Ackerbürger, 10 Böttcher, S Leineweber, 7 Tabak planteurs. 440 Morgen Tabak brachten 1801 2640 Zentner. Die Mediatſtadt ſtand in der Kriminaljurisdiktion unter der markgräflichen Juſtizkammer in Schwedt; Zivil­jurisdiktion und Polizei hatte der Magiſtrat unter ſich. Ein Rathaus beſaß Vierraden nicht.

Das 19. Jahrhundert brachte vor allem durch den Ausbau der Chauſſee nach Stettin (1828) eine Beſſerung der Verhältniſſe auf allen Gebieten und einen ungeahnten Aufſchwung der Stadt. Die Einwohnerzahl hob ſich raſch von 1071(1816 auf 1680(1850) und 2130(1867), wohl auch durch die Vermehrung der Ackerbürgerſtellen infolge der Aufhebung des letzten herrſchaftlichen Vorwerks(1795). Eine ſtarke Juden­gemeinde(1860: 102) bezeugte die Blüte des Ortes. Aber ſchon um 1865 war der Höhe­punkt der Entwickelung üb erſchritten. Das Aufhören des Verkehrs auf der Chauſſee infolge des Bahnbaues nach Stettin(1847) und die allgemeine Landflucht machten ſich bemerkbar. Zwar führte die Stadt einige moderne Projekte durch: Straßenpflaſterung und beleuchtung(1872, 1907), Volksbibliothek(1901), Bau des Rathauſes(1903/04) und Verſchönerungen. Die Einwohnerzahl aber ging dauernd zurück, und dieſer Prozeß hat offenbar ſein Ende noch nicht erreicht. Sie betrug 1880: 1932, 1890: 1533, 1900: 1415, 1910: 1372. 1927,28 umfaßte der Wegzug 231, der Zuzug nur 176 Perſonen. Solange Vierraden nur aus Burg und Mühle beſtand, bildete es kein eigenes Kiürchſpielsz). Das Vorhandenſein einer Kirche bezeugt zum erſtenmal der Viſitationsbericht von 1540(Konſiſt. Archiv). Sie iſt wohl 1515 zugleich mit der Anlage der Stadt entſtanden. Bald nach 1539 wurde die Reformation durch die Grafen v. Hohenſtein eingeführt. Im 18. Jahrhundert hatte die Stadt einen lutheriſchen Prediger, die Reformierten benutzten aber bis 1733 die Stadtkirche mit; jetzt find fie nach Schwedt eingekircht. Als ein Kurioſum mag der Bau des neuen Pf arrhauſes erwähnt werden, der infolge der Widerſetzlichkeit der Bürger von 1754 bis nach 1775 dauerte. Die Stadtkirche ſteht unter dem Patronat der Hofkammer in Charlottenburg. Eingekircht ſind Gatow, Blumenhagen und Hohenfelde. An Schulen beſaß die Stadt im 18. Jahrhundert eine Stadt- und eine deutſch-reformierte Schule. Die dreiklaſſige Stadtſchule unterſtand nach 1813 bis 1908 einem Rektor und hatte daneben 4 Lehrer.

2) Das Denkmal für den Gehilfen Hardenbergs, den preuß. Staatsrat Friedrich Auguſt v. Stägemann(geb. Vierraden 7. Nos. 1763, geſt. Berlin 17. Dez. 1840), wurde ein Opfer der

Metallabgabe im Weltkriege. 3) Vgl. Eurſchmann, Diözeſe Brandenburg 203, Anm. 6.

1) Fabri a. a. O. Die Mauer und die Tore beſtanden nur zu Zollzwecken.

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