Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
54
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KASTANIE IM OKTOBER

Der Tag ist trüb, der Himmel grau verhangen. Doch wider alles Wissen und Erwarten

ist über der Kastanie im Garten

ein rätselhaftes Leuchten aufgegangen.

Woher kommt welken Blättern, die in langen und bangen Nächten bis ins Mark erstarrten, die müde ihres Niedertaumelns harrten,

dies überirdisch feierliche Prangen?

Dem Licht ist keine Quelle zu ersinnen. Es hat im Raum nicht Ende und Beginnen; es kommt dem herbstverklärten Baum von innen.

Der Sommer ist verarmt und wankt zu Grabe. Ihm reicht der milde Baum ersparte Habe aus einst Empfangnem heim als letzte Gabe.