Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1958) Gedichte
Entstehung
Seite
224
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VI.

Immer war im Heute mir das Morgen schon ein Pfand der Ziele und der Sorgen, meine Zukunft fraß die Ungeduld.

Hatte ich den neuen Tag empfangen, stürzte schon das Gestern, kaum vergangen, ohne Rettung in den Schlund der Schuld.

Und die Stunde? Sagten meine Hände scheu dem Fruchtrund ihrer weißen Wände eine Hoffnung und ein leises Lob,

barst der Stäubling, falsches Bild der Fülle, und aus allen Rissen seiner Hülle

hoch die Wolke braunen Moders stob.

Düweke! Festliche Glocken tönten

in drei Ländern über dem Gekrönten. Arme Magd, was warst du meinem Glanz? Der Lebendige erst in seinem Grabe,

der Geschändete begreift die Labe, fühlt die Schönheit deiner Gabe ganz.

Jede Stunde, die du mir gespendet, war in sich gerundet und vollendet, war wie Apfel kühl und süß und hart, war dem jäh und wunderbar Befreiten in dem gnadenlosen Sturz der Zeiten stille Schwebe, holde Gegenwart.