Zeitschriftenband 
Theil 2 (1833)
Entstehung
Seite
108
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gleich, deſſen alter ego innerhalb ihres Herzogthums ſie gleichſam waren, fo daß fie gleich ihm den Königsbann ver: liehen). Man wird dieſen wichtigen Umſtand, daß die herzogliche Gewalt urſprünglich nicht eine vom Könige verlie­hene, ſondern daß ſie eine der ſeinigen paralelle Gewalt war, verſtehen, wenn man dem folgt, was der Sachſen ſpiegel von der alten Königswürde der Herzoge ſagt. Das Nationalherzogthum, die Verbindung z. B. aller ſäch ſiſchen Stämme unter einem gemeinſamen Oberhaupt und mit einem gemeinſamen höchen Volksheiligthum zu Markloh iſt ja älter, als das allgemeine deutſche Königthum, welches die Franken an ihren Volksſtamm brachten. Der Herzog iſt das urſprüngliche höchſte Nationaloberhaupt,(wodurch denn auch erſt das frühere Wahlrecht der Großen jeder Nation u ihrer Herzogswürde erklärlich wird) der fränkiſche König aber erwarb ſich, als er die Sachſen unterwarf, eine gleiche Gewalt und die Unterordnung des Nationalherzogs unter dem König beruhte darinn, daß der Herzog in die hohe Dienſtmannſchaft des Königs der Franken treten mußte, welcher ihm ein Dienſtamt verlieh und daher iſt es ge­kommen, daß mit den alten Herzogthümern, ſpäter mit der churfürſt ichen Würde, ein Reichserzamt nothwendig ver bunden war. Die Abhängigkeit des Herzogs vom Könige war daher mehr etwas perſönliches, ſeine Gewalt aber, (worauf nach den ſtaatsrechtlichen Begriffen des früheren Mittelalters ſehr viel ankommt) keine vom Könige verliehene**) ſondern die ſelbſtſtändige eines Stellvertreters; mit andern Worten, die Gewalt des Herzogs floß nicht lehnweiſe vom Könige auf ihn, als einen Unterbeamten, aus, ſondern er repräſentirte den König innerhalb des Her­zogthums, weshalb eine Herzogin von Schwaben im zehnten Jahrhundert ſich gradezu vicaria imperii nannte***): Der Gerichtsſtuhl des Herzogs war der höchſte innerhalb des Herzogthums, daher noch in ſpäterer Zeit von den Gerich ten Oſtphalens die Berufung an das herzoglich ſächſiſche Brückengericht zu Lauenburg eben ſo wohl, als an den Kaiſer

ſelbſt ging; nur wenn der Kaiſer in das Land, auf ſächſiſche Erde, kam, war der kaiſerliche Gerichtsſtuhl höher und

legte alle andre Gerichtsbarkeit nieder). Auf dieſem Paralellismus der herzoglichen und der königlichen Gerichtsgewalt beruht es, daß urſprünglich der Herzog, wie der König, den Königsbann, die höchſte Gerichts gewalt über Leib und Le: ben, den hohen Richtern(den Grafen) verlieh i); nur ſpäter begannen die Könige um das Anſehn der Herzoge zu

) Das äußere Zeichen des Königsbanns war ein Schwerdt,(in Städten der Roland) welches daher bei allen Ge richten, die unter Königsbann gehalten wurden, nicht fehlte. Es iſt nach dem politiſchen Glauben des Mittelalters das welt: liche Schwerdt des Petrus.

) Dies ſchließt natürlich nicht aus, daß der Herzog vom Könige beſtätigt oder ſelbſt ernannt wurde, überhaupt if hier von der Gerichtsgewalt, nicht von dem militäriſchen Amte des Herzogs die Rede.

) ap. Goldast rer. Alemann. I. 47.

*) Aus dieſer Gleichſtellung des herzoglichen und des königlichen Gerichtſtuhls erklärt es ſich, daß jedes Herzogthum urſprünglich ſeinen eignen Pfalzgrafen hatte. Auch das ſpätere privilegium de non abpellando der Churfürſten ſchreibt ſich aus dieſer concurrenten Gerichtsgewalt der Herzoge her.

Ff) Es if mir nicht unbekannt, daß mehrere gründliche Kenner des Mittelalters leugnen daß der Herzog den Königs: bann geliehen habe, ich kann mich aber an dieſem Ort auf eine nähere Begründung meiner Anſicht, ſo wie überhaupt auf Ci tate, nicht einlaſſen. Folgende Stellen aus Urkunden ſcheinen mir indeſſen wichtig. In der Urk von 1168 für den Biſchof von Würzburg als Herzog in Franken heißt es: ne aliquis in episcopatu et duc stituat, nisi eoncessione episcopi du cis Wirzburgensis, regimine sine ducum consensione aliquam justitiam praes

atu vel comeciis in eis silis centigraſios con­Im öſtreichiſchen Herzogsbrief heißt es: nulla persona in ducatus umat exercere. Im Sachſenſpiegel iſt von den Rechten des Her­zogs nicht viel die Rede, ſondern es wird alles dem König zugeſchrieben, welches aus der Zeit ſeiner Abfaſſung wohl erklärlich iſt. Wenn übrigens der Herzog den Bann verlieh, ſo handelte er als Repräſentant des Königs, immer nur in deſſen Na­men und es war daher eben ſo, als ob der König ſelbſt ihn ertheilt hätte Dieſer Grundſatz, daß der Herzog den Bann nur anſtatt des Königs verleihe, hat ſich bei dem Erzbiſchof von Cölln,(als einem Geiſtlichen, der in früherer Zeit nie eine Blutgerichtsgewalt ſelbſt beſitzen konnte) erhalten und daher iſt es gekommen, daß die weſtphaäliſchen Vehmgerichte, denen der Erzbiſchof als Herzog in Weſtphalen den Bann lieh, ſich bis in das ſpätere Mittelalter fortwährend als kaiſerliche Gerichte betrachteten und als ſolche endlich eine Gerichts gewalt über ganz Deutſchland in Anſpruch nahmen. Auch hat noch in ſpäterer Zeit der Kaiſer(3 B. Karl der Ate) zuweilen ſtatt des Erzbiſchofs Freigrafen beliehen, wie er dies zur Zeit der alten Herzoge von Sachſen gekonnt hatte. In Reichsſtädten und bei der Reichsritterſchaft iſt bis auf die neueſten Zeiten der Blutbann als ein beſonderes Lehnſtück vom Kaiſer verliehen worden.