Zeitschriftenband 
Theil 2 (1833)
Entstehung
Seite
114
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Als die Mark Brandenburg erobert wurde galt noch der Grundſatz des deutſchen Rechts, daß jeder hinfichts feiner perſönlichen Verhältniſſe(denn in Bezug auf liegende Güter traten das allgemeine ſächſiſche Lehnrecht oder bei den Bauergütern andre dingliche Rechte ein) nach feinem Geburtsſtande beurtheilt werde. Es gab daher in der Mark(abgeſehn von dem Rechte der niederländiſchen Coloniſten in der Wiſche) dreierlei Rechte; er ſt lich und haupt ſächlich das Sachſenrecht, dem die meiſten deutſchen Bewohner der Mark Brandenbt är folgten, weil fie von Nieder ſachſen aus eingewandert waren, weshalb ſich noch im funfzehnten Jahrhundert ein brandenb uegicch Vaſall darauf beruft, daß er ein freier Sachſe ſei*). Es galten daher die ſächſiſchen Rechtsbücher oder die 2 Ohm und Bearbeitung von Weisthümern und we, eulen der ſäc dir e per en ee. des Nordthüringer und Schwabengau's, von Anfang De ite i. ſchwäbiſche, das heißt das particuläre Recht des No gau's im jetzigen& hum Magdeburg. In den ermeiſten Rechtslehren ſtimmte das ſchwäbiſche Recht mit dem gemeinen er, ,. übe rein, es zeigte aber in mehreren Stücken Abweichungen von dieſem, welche nach einer uralten Ueberlieferung auf einer urſprünglichen Stammesverſchiedenheit der Schwaben und Sachſen und auf einer Einwandrung

der Nordſchwaben in das Sachſenland beruhen ſollen. Dieſe Abweichungen des Nordſchwabenrechts betrafen, außer eini­gen minderwichtigen Grundſätzen bei der Verjährung 4.14.

Seite her Fein Erbrecht hatte, weil die Weil n ihrem Geſchlechte alle erblos gemacht ſind durch ihrer Vorgängerinnen Miſſethat, oder, wie der Sachſenſpiegel es auch ausdrückt, durch der Weiber Haß. Das Chronicon Brunsvic.*)

w., vorzüglich zwei Punkte 1) daß der Schwabe von Weiber

drückt ſich darüber ſehr merkwürdig alſo aus: mulieres quaedam Saxoniae patribus in heredilate lolaliter non suc­cedunt propter opprobrium juris quod S u avey dicitur, quod incurrunt ex eo, quod dum Saxones 12 annis ad expugnandam Angliam defuissent, Suavey Saxoniam intraverunt et duorundam uxzoribus sunt abusi; Saxo nibus redeuntibus, quaedam mulieres ad viros prislinos redierunt, aliae Suevis adulteris adhaeserunt, unde slaluerunt, quod mulieres ad viros pristinos non redeuntes tam in se, quam in ſiliabus suis, secundum jus duod Suavey dicitur, exheredarentur. Vielleicht beruht auf dieſer Abweichung des ſchwäbiſchen Rechts eben ſowohl, wie auf der militäriſchen Eigenſchaft der Lehen in einer Mark, das ſtrenge ſächſiſche Le hnrecht, namentlich die allgemeine Ausſchließung der. welche in dieſer Ausdehnung weder im eigentlichen Deutſchland, noch in den wendiſchen Län

dern, welche deutſches Recht annahmen z. B. Mecklenburg und Pommern vorkommt. 2) Eine zweite wichtige Abwei­chung des dierte hts drückt der Sachſenſpiegel dahin aus: die Schwaben ſchelten ein Urtheil unter ſich ſelbſt A ſchwäbiſcher Erde und ziehen es an den älteren(vornehmmſten) Schwaben und an die En tſcheidung der Mehrheit auf d

echten Dinge an der höchſten Dingſtatt. Der Sinn iſt der, daß nach dem Schwabenrecht eine förmliche Appel ichn an das höchſte Gericht der Schwaben ſtatt fand, während nach dem alten ſächſiſchen Recht das Schelten eines Urtheils den Zweikampf nach ſich zog. Da die Landesherrn in der Mark Brandenburg, die Askaniſchen Fürſten, ſchwäbiſchen Ge ſchlechts waren, ſo iſt vielleicht aus dieſer Abweichung des Schwabenrechts allmählig in der Mark allgemein Rechtens geworden, daß beim Urtheilſchelten die Berufung regelmäßig an den Landesherrn, als den älteſten Schwaben und die höchſte Dingſtatt, ging und kein Zweikampf ſtatt fand,(welcher jedoch bei Ungerichten und Friedensbrüchen allerdings eintrat. Dieſe Berufung an die höchſte Dingſtatt des Markgrafen bon Brandenburg, an des Reiche kämmerers Kammer

Gerichten kommen Spuren eines erblich dinglichen Schöppenamts vor z. B. in einer Urk. von 1274(Kindlinger Hörigkeit 36) wo ein Hof von der Verbindlichkeit einen Dingmann zu ſtellen befreit wird, welche man wohl nicht auf die gewöhnliche Ding­pflicht aller Schöppenbarfreien beziehen kann. Freilich mußte der Sohn eines Schöppen zu dieſem Amt qualifizirt ſein, ehe er recipirt wurde, dies war aber wohl regelmäßig der Fall, denn wer hatte beſſere Gelegenheit Rechtskenntniß zu erlangen als er? Selbſt in Städten laſſen ſich Spuren eines ſolchen erblichen Verhältniſſes der älteſten Schöppencorporation nachweiſer

) Sachſenſpiegel L. 30.

Urk. Nro. 81. unten.

) ep Mader. anti. Brunswie p. 18, Auch der Annaliſt Witekind ſagt, daß die Schwaben an der Bode ein eig nes Recht gehabt haben(aliis legihus utuntur). S. auch was Gregor. Turonens. von dem Zug der Sachſen nach Italien und dem Eindringen der Schwaben enthält.