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Moses und die Tora
fenbaren macht Moses zum höchsten aller Propheten. Dagegen sind die politischen Gesetze Sache der regierenden Gesetzgeber und ihrer Einbildungskraft, sie sind wandelbar und haben mit wahrer Prophetie nichts zu tun: «Dieses Gesetz [d.h. die Tora] allein ist es, welches das Gesetz Gottes genannt werden darf. Was es aber an politischen Gesetzen außer ihm gibt, wie die Gesetze der Griechen und die Sophistereien der Zabier u.a., dies alles gehört zu den Werken der regierenden Personen, nicht aber zu denen der Prophetie.» 47 Kurz: Moses ist, gerade weil die Tora Gesetz Gottes ist, das sich per Emanation des göttlichen Intellekts auf sein Denkvermögen ergießt, 48 ein Prophet. Als Prophet der Tora aber ist er per definitionem niemals ein profaner Gesetzgeber, so wie die Tora als ewiges Gesetz Gottes niemals mit wandelbaren, profanen Gesetzen eines Gemeinwesens verwechselt werden darf. Moses als Prophet ist für Maimonides ein Instrument und Medium göttlicher Offenbarung der Tora, er ist nicht selbst der Gesetzgeber der Tora, die das Gesetz Gottes ist und bleibt. Moses ist, als Prophet und Medium des göttlichen Gesetzes, bei Maimonides und im rabbinischen Judentum gerade nicht Gesetzgeber und allemal nicht ein profaner Gesetzgeber weltlich-politischer Gesetze. Genau diese Bestimmung dreht Spinoza (1632-1677) um.
z. Gesetzgeber und Politiker: Spinoza
In seinem Tractatus theologico-politicus von 1670 führt Spinoza eine permanente Auseinandersetzung mit Maimonides. 49 Hierbei werden, wie am Beispiel der Kritik der Prophetie in den ersten drei Kapiteln des Tractatus zu sehen, nicht selten Maimonides’ Argumente gegen ihn selbst gewendet. Die Maimonidische Auffassung von Moses als Prophet wird genau wie die der Heiligkeit der Tora durch dieses Verfahren der immanenten Kritik gezielt destruiert. Wie in einem Fanfarenstoß verkündet schon Spinozas Vor-