72. Moses und die Tora
in diesen 14 Glaubenssätzen noch vor, aber dies ist lediglich eine religionsgeschichtliche Reminiszenz ohne aktuelle Handlungskonsequenzen. Das liest sich in Aschers «Organon des Judentums», das dem Inhalt nach vieles aus dem Jigdal übernimmt, so:
«1. Ich glaube an einen Gott.
2. An einen einzigen Gott, der sich unsern Vorvätern Abraham, Isaac und Jacob offenbarte, und ihnen unser Heil verheißen.
3. Der sich Moses und andere ihm gefällige Männer erwählt und ihnen die Gabe der Prophezeiung verliehen.
4. Der auf dem Berge Sinai unsern Vorältern Gesetze gab.
5. Wir glauben, daß die Beobachtung der Gesetze unsern Vorältern heilig waren, und sie dadurch auf dem Wege erhalten worden, wo wir jetzt im bloßen Glauben an Gott und seine Propheten wandeln.
6 . Wir glauben, daß dieser Gott ein Gott der Liebe ist. Etc.» 82
Die jüdischen Vorfahren waren der Tora im Handeln noch gehorsam, während der Maskil «im bloßen Glauben an Gott und seine Propheten» wandelt. Der Maskil Saul Ascher orientiert sich im praktischen Leben, wenn überhaupt, lieber am kategorischen Imperativ des Propheten Immanuel Kant.
6 . Lehrer der natürlichen Religion: Lazarus Bendavid
Aschers historische Bezugnahme auf den Mann Moses als «Geschäftsträger» und Durchgangsstation der jüdischen Geschichte ist durchaus noch positiv. Moses ist kein Betrüger oder Diktator. Dagegen gelten der Talmud und die rabbinische Tradition als Verirrung, jedenfalls als veraltet und überholt. Hierin stimmt Lazarus Bendavid, der in sei-