Jüdischer Hausvater und jüdischer Voltaire 93
sehe Approbation von Flekels’ Brandrede durch den hochberühmten Prager Oberrabbiner Jecheskel Landau bilden können. Friedländer gibt «Stil, Grundsätze und Gesinnungen unserer Tugendlehrer, Führer des Volkes und Gottesgelehrten» dem Spott preis . 119 Er empfiehlt dem aufgeklärten jüdischen Leser sarkastisch die Worte der ihn und seine Mitübersetzer verfluchenden Prager Rabbiner zur Kenntnisnahme und schließt mit der rhetorischen Frage: «Muß nicht das Geschöpf krank an Geist oder Körper, und also elend seyn, das seinen Nebenmenschen fluchen und verwünschen kan ?» 120
Diese beinahe gelassene, aber gezielte Pathologisierung von Flekels und Landau geht dem Breslauer Maskil Moses Hirschei nicht weit genug. Er hat Friedländers Aufsatz aus HaMe’assef im längeren zweiten Teil seines Buchs Kampf der jüdischen Hierarchie mit der Vernunft erstmals in lateinischen Buchstaben abgedruckt, aber dabei ausführlich und sehr wütend in Fußnoten kommentiert. Für Hirschei, der sich in dieser Kampfschrift direkt auf Voltaire beruft, sind die traditionalistischen Prager Rabbiner Teil jener «jüdischen Hierarchie», die er im Kampf gegen Vernunft und Aufklärung sieht. Sie sind der jüdischen Variante des Priesterbetrugs schuldig: Sie lügen, betrügen, fälschen, entstellen, verleumden und blamieren die jüdische Religion aus Herrschsucht und Eigeninteresse. Die Rabbiner sind «eigennützige, ränkevolle Menschen», «scheinheilige Betrüger oder Charlatane», «Fesselschmiede», die «unabsehbares Elend über unsere Nation gebracht haben, und durch ihre Lehren, wodurch sie Aufklärung zu verdrängen suchen, noch heutiges Tages bringen .» 121
Schlimmer noch: «Sie gaben uns, ihrem Eigennutze, Interesse und Herrschsucht gemäß, eine solche Verfassung von Ungeselligkeit, Geringschätzung und Verachtung gegen alle Nationen, machten die allgemeine Liebe des Allvaters zu seinen Geschöpfen zu einem Monopolium für uns, um uns alle Communication mit anderen Völkern, wodurch wir Aufklärung und bessere Einsichten erlangen