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Das Verhältnis der Maskilim zum Talmud
und Talmudisten sowohl gegen die christlichen Talmud- Hasser, von denen er beispielhaft Eisenmenger nennt, als auch gegen aufgeklärte Juden, die Vorurteile, aber keine wirkliche Talmud-Kenntnis haben.
Diese Verteidigung nimmt in Salomon Maimons Lebensgeschichte breiten Platz ein, und zwar in der autobiographischen Schilderung ebenso wie in den Erklärungen zum Judentum allgemein. Sie ist folglich kein Nebenthema, sondern ein wichtiges Anliegen Maimons, der seine Ausführungen an einer Stelle mit dem Hinweis auf die Begrenztheiten einer Autobiographie und die große Anzahl von Talmud-Feinden abschließt: «Ich müßte ein Buch schreiben, wenn ich alle die ungerechten Beschuldigungen und Verspottungen, die sowohl von christlichen Autoren als selbst von den aufgeklärt sein wollenden Juden gegen die Talmudisten vorgebracht werden, widerlegen sollte .» 131 Den Talmudisten wird somit auch von einigen Maskilim Unrecht getan. Es gibt, aus dieser Meinung macht Maimon kein Hehl, auch eine Pseudo-Haskala von «aufgeklärt sein wollenden Juden», deren Meinungen durch Kenntnisse nicht getrübt sind.
Den Me’assfitn sagt er ihr Scheitern in den traditionellen jüdischen Kreisen in Osteuropa voraus - wegen mangelnder Talmud-Kenntnis. Dort gelte nur ein guter Talmudist etwas, und den Me’assfim fehle diese Qualifikation. So müsse die durchaus gute Absicht, mit der hebräischen Zeitschrift HaMe’assef die Aufklärung in das jüdische Osteuropa zu exportieren, scheitern. Maimon unterstützt das Anliegen der Me’assfim und hat ja auch einige Artikel in der Zeitschrift beigesteuert, aber er macht sich über die Erfolgsaussichten der Haskala in Osteuropa keine Illusionen:
«Die jüdische Nation ist, ohne Rücksicht auf zufällige Modifikationen, eine unter dem Schein der Theokratie währende Aristokratie. Die Gelehrten, welche den Adel dieser Nation ausmachen, wußten sich seit vielen Jahrhunderten als das gesetzgebende Korpus bei den Gemeinen in ein solches Ansehen zu setzen, daß sie mit ihnen