Aufklärung und immanente Kritik
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sehen Orthodoxie ein verbannungswürdiger Häretiker. Durch diese Kritik galt Jacob Emden innerjüdisch als Frühaufklärer, der neben der rabbinischen eine geradezu barocke Gelehrsamkeit auf den verschiedensten profanen Wissensgebieten verkörperte. Seine in über einem Dutzend Büchern wiederholte Kritik des Sabbatianismus war unter den jüdischen Aufklärern bekannt. 187 Und Emdens Autobiographie Megillat Sefer («Buchrolle»), die von seinen Kämpfen gegen die Sabbatianer berichtet, wurde 1810 postum in HaMe’assef in Teilen erstmals abgedruckt. Emden als Antisabbatianer wurde von den Maskilim für die Haskala in Anspruch genommen, obwohl sie wußten, daß er letztlich ein zwar säkular gelehrter, aber religiös konservativer Rabbiner war, dem es fern gelegen hatte, die Mauern des Ghettos zwischen Juden und Nichtjuden einzureißen. 188
Die ganze Emden-Eybeschütz-Debatte war zunächst ein rein innerjüdischer Konflikt gewesen, der in hebräischen Büchern und Briefen ausgetragen wurde. Erst als es zu handgreiflichen Gewaltakten und gegenseitigen Bannflüchen in der Hamburger Dreiergemeinde (Hamburg, Altona und Wandsbek) kam, war die christliche Obrigkeit zum Eingreifen und zur Stellungnahme gezwungen. Auch die Motivation des Streits war eine innerjüdische, nämlich der Kampf orthodoxer Rabbiner wie Emden und schon seines Vaters Zwi Aschkenasi gegen den Sabbatianismus. 189
In diesem Kampf spielte Kabbala an zwei Punkten eine wichtige Rolle: Zunächst tauchten von Eybeschütz geschriebene Amulette zur Krankenheilung auf, die den Namen oder die Anfangsbuchstaben des Namens von Sabba- tai Zwi enthielten. Das Schreiben und Verkaufen der Amulette gehört in die praktische Kabbala und ist eine der Möglichkeiten für angesehene Kabbalisten, nicht nur etwas für ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern a uch einen Ruf als Wunderheiler, Ba’al Sehern, zu erwerben. Emden, der selbst überzeugter Kabbalist war und