128 Haskala und Kabbala
lediglich gegen den Mißbrauch der Kabbala durch die Sabbatianer polemisierte, 190 griff den Mißbrauch der Amulette durch den Krypto-Sabbatianer Eybeschütz, nicht den Gebrauch von Amuletten per se an, die er nicht einfach, wie ein Jahrhundert später Graetz, für «Hokuspokus» hielt.
Der zweite Punkt, an dem Kabbala ins Spiel kommt, ist Emdens Kritik am Sohar. Obwohl Emden, wie er selbst gesteht, den Sohar für ein verehrungswürdiges Buch hält, weiß er auch, daß dieses Hauptbuch der Kabbala von den Sabbatianern als autoritative Quelle mißbraucht wird. Seine Autorität schöpft der Sohar aus der Behauptung, er sei uralt, älter als der Talmud und die jüdische Philosophie, denn sein Verfasser sei Rav Schimon bar Jochai, abgekürzt: RaSchBI, ein legendärer Gelehrter des 2. Jahrhunderts und Schüler Rabbi Akibas. Um diese Autorität war es geschehen, wenn erwiesen werden konnte, daß der Sohar in Wirklichkeit viel später geschrieben und sein autoritätsheischendes Alter erschlichen war. Und genau diesen Beweis erbringt Jacob Emden in seinem Buch Mit- pachat Sefarim , gedruckt in Altona im eigenen Druckhaus 1768. Er erbringt ihn durch eine immanente Kritik, indem er durch genaueste Philologie Selbstwidersprüche des Sohar aufdeckt, die eine frühe Datierung der Entstehung und Autorschaft unmöglich machen. Damit war die Autorität des Sohar erschüttert.
Um nur einen der schlagenden Beweise Emdens in Mit- pachat Sefarim zu zitieren: Der Sohar nimmt Bezug auf die Eigennamen und die Worte von Rabbinen aus der Generation der Amoräer des 3. Jahrhunderts, die lange nach dem Tode RaSchBis lehrten und über die der historische RaSchBI deshalb gar nicht geschrieben haben kann. Damit ist die These von seiner Autorschaft implodiert. Emden schließt daraus vorsichtig und respektvoll über den ihm nunmehr unbekannten Autor des Sohar: «Daher ... sage ich, daß der RaSchBI des Sohar ein anderer Mann zu einer anderen Zeit war.» 191 Im Klartext: der wahre, viel