lyz Haskala und Kabbala
sah offensichtlich überhaupt keinen Widerspruch darin, Haskala und Kabbala zugleich zu publizieren. Er kam 1770 nach Berlin, verkehrte freundschaftlich mit Mendelssohn und seinem Kreis und wurde schnell der bedeutendste jüdische Buchdrucker überhaupt in Berlin, 200 der eine beträchtliche Anzahl eigener hebräischer Werke 201 ebenso wie Gebetbücher, jüdische Kommentar- und Traditionsliteratur, Werke des Maimonides 202 und Luzzattos ebenso wie Kabbalistisches im aufgeklärten Berlin zur Druckerpresse brachte. Die Berliner Freiheit bedeutete für Satanow «Preßfreiheit», wie zeitgenössisch das Recht auf freie Meinungsäußerung hieß: Er betrieb Aufklärung als Drucker.
Offenbar gab es für seine Bücher Käufer - was auch für die Verbreitung von Kabbala-Kenntnissen unter den Juden in Berlin spricht. Sicherlich hat Satanow aber auch einen Teil seiner Bücher auf seinen ausgedehnten Reisen in Osteuropa abgesetzt. 1780 bis 1782 war er in Podolien, in Koretz feierte dann 1784 die aufgeklärte Preßfreiheit von Satanow einen Triumph: Er brachte Chajim Vitals Ez Chajim, das Hauptwerk der lurianischen Kabbala, das allererste Mal im Druck heraus, ein Buch, das von den Kabbalisten so heilig gehalten wurde, daß es nicht erlaubt war, es zu drucken, und das seit seiner Niederschrift Ende des 16. Jahrhunderts unendliche Male abgeschrieben als Manuskript kursierte - bis es Satanow in die Hände fiel, der noch bei rabbinischen Autoritäten Gutachten einholte, bevor er das Druckverbot mißachtete und Aufklärung durch die Druckerpresse betrieb. Einmal gedruckt, war das Werk nun öffentlich und allen zugänglich. Die Hauptlehren Isaak Lurias, die seine Anhänger jahrhundertelang in Manuskripten heilig und vor Unbefugten verborgen gehalten hatten, konnte nun jeder auf dem Markt kaufen. Damit war ihnen jeder Hauch von Esoterik genommen: Auch dies ist eine Strategie von Aufklärung, wenn auch eine, die auf jüdische Leser beschränkt blieb.