134 Haskala und Kabbala
liehen Begegnung Maimons mit Kabbalisten, mit prak- tizierter und praktischer Kabbala. In den darstellenden Passagen über die Kabbala distanziert sich Maimon ganz I rational von ihr. Neben diesen sachlichen Passagen überwiegt allerdings die ironische Distanzierung als Strategie des Umgangs mit der Kabbala, aber auch des eigenen Abschieds von ihr. Als Beispiel sei hier Maimons vergnügliche Schilderung seiner ersten Begegnung mit praktischer Kabbala zitiert. Sie fällt schmerzhaft aus:
«Mit der Kabbala Maschiith oder der praktischen Kabbala wollte es mir nicht so glücken wie mit der theoretischen. Der Prediger rühmte sich zwar nicht öffentlich, sagte es aber doch einem jeden insgeheim, er sei auch hierin Meister; besonders gab er vor: roeh weeno nirah (alles zu sehn, aber selbst von andern nicht gesehn zu werden), d. h. sich unsichtbar machen zu können.
Auf dieses Kunststück war ich besonders begierig, um als ein junger Mensch gewisse Arten des Mutwillens an meinen Kameraden ungestraft ausüben zu können. ... Der Prediger ließ sich dazu bewegen, sagte mir aber zugleich, daß es von meiner Seite einige Vorbereitungen erfordere. Drei Tage nacheinander mußte ich fasten und alle Tage einige Ichudim machen ... Ich tat alles mit Freuden, machte die Beschwörung, die er mich gelehrt hatte, und glaubte nun mit aller Zuversicht, ich sei jetzt unsichtbar. Sogleich eilte ich zum Beth Hamidras oder die jüdische Akademie, ging auf einen meiner Kameraden zu und gab ihm eine tüchtige Ohrfeige. Dieser war aber nicht faul und gab mir dieselbe mit Interessen wieder. Ich stutzte, konnte nicht begreifen, wie dieser mich entdecken könnte, da ich doch die Vorschriften des Predigers aufs genaueste beobachtet hatte .» 207
Die Liste solcher Beispiele ließe sich verlängern. Sie geben mit literarischen Mitteln zu verstehen, warum hier ein Maskil nach Deutschland, ins Land der Aufklärung und der Haskala, emigriert und froh ist, Kabbala als seine Vergangenheit losgeworden zu sein. Maimon ist als jüdi-