136 Haskala und Kabbala
Stellung als Ordens-Ideologe und Impresario ein - und zwar mit Hilfe seiner Kenntnisse der Kabbala.
In Ritualen und Glaubensvorstellungen der Asiatischen Brüder vermischten sich christliche und jüdische, kabbalistische, frankistische und theosophische Grundsätze, Lehren, Namen und Symbole. Neben christlichen wurden z. B. auch jüdische Feiertage begangen, die christlichen Brüder bekamen bei Aufnahme in den Orden jüdische Ordensnamen. Für das Einsickern der kabbalistischen Elemente zeichnete wohl ursprünglich die Abenteurergestalt des Moses Dobruschka alias Franz Thomas von Schoen- feld alias Junius Frey verantwortlich, ein Frankist aus Brünn, der zum deutschsprachigen Dichter und k. u. k. Heereslieferanten in Wien und dann zum Agitator in der Französischen Revolution mutierte und schließlich 1794 im Alter von 40 Jahren unter der Guillotine endete. Hirschfeld übernahm nach dem Ausscheiden Schönfelds im Orden eine führende Rolle, weil er der einzige war, der die unwissenden, des Hebräischen nicht kundigen christlichen Ordensbrüder in die jüdischen <Geheimlehren> initiieren konnte. 210
Anders als die christlichen Gründer und Führergestalten der Asiatischen Brüder, die Gebrüder von Ecker und Eckhoffen, konnte Hirschfeld genug Hebräisch und kannte genug von der Kabbala, um Rituale und Initiationen hinreichend geheimnisvoll praktizieren zu können. Kurz: Als Jude mit Kabbala-Kenntnissen hatte Hirschfeld bei den Asiatischen Brüdern die Funktion, die Kabbala als Geheimlehre zu hüten und einige ihrer Elemente auf das niedrige Niveau der nicht des Hebräischen kundigen, christlichen Ordens-Brüder hinunter zu transponieren. 211 1796 gab er nach Streitigkeiten seine offiziellen Tätigkeiten im Orden auf und ließ sich vermutlich in frankisti- schen Zirkeln in Offenbach am Main nieder, 212 wo er bis zu seinem Tod 1820 lebte. Hier veröffentlichte er sein kabbalistisches Werk Biblisches Organon oder Realübersetzung der Bibel mit der mystischen Begleitung und kriti-