Maimon als Augenzeuge 147
nahm Nachtwachen u. dergl. Mit jeder Art dieser Operationen glaubte er die Niederlage einer Legion böser Geister, die den Messias bewachten und seine Ankunft verhinderten, bewerkstelligen zu können. Dazu kamen noch zuletzt viele kabbalistische Alfanzereien, Räuchereien, Beschwörungen u. dergl., bis er zuletzt darüber wahnwitzig wurde, wirklich Geister mit offenen Augen zu sehen glaubte, jeden mit Namen nannte, um sich warf, Fenster und Öfen zerschlug, in der Meinung, daß dies seine Feinde, die bösen Geister wären (ungefähr wie sein Vorgänger Don Quixote), bis er zuletzt ganz abgemattet liegen blieb und nachher mit vieler Mühe durch des Fürsten Radzivils Leibarzt wiederhergestellt wurde .» 223
Aber Maimon hat selbst noch an solchen Frömmigkeitsübungen teilgenommen, bis ihn schließlich nicht die moderne europäische Aufklärung, sondern die innerjüdische Aufklärung durch die Philosophie des Maimonides von diesen Versuchen abbringt:
«Ich konnte es leider in dergleichen Frömmigkeitsübungen nie weiter bringen, als daß ich eine geraume Zeit nichts, was von einem lebendigen Wesen herkommt, gegessen und in den Zeiten der Bußtage zuweilen drei Tage in einem fort gefastet habe. Ich entschloß mich zwar, die Tschubath hakana 224 zu unternehmen; dieses Projekt ist aber, so wie andere von der Art, unausgeführt geblieben, nachdem ich mir die Meinungen des Maimonides, der kein Freund von Schwärmerei und Frömmeln war, eigen gemacht hatte. Es ist merkwürdig, daß ich noch zu der Zeit, da ich die rabbinischen Vorschriften aufs strengste beobachtete, dennoch gewisse Zeremonien, die etwas Komisches an sich haben, nicht beobachten wollte .» 225
Bußübungen wie die Selbstzüchtigungen der Frommen vor Jom Kippur ebenso wie das Lossagen von allen Gelübden vor dem Neujahrstag erscheinen Maimon am Ende nur noch als «tragikomische Szenen », 226 deren er sich schämt und denen er sich schon in Polen notfalls auch durch Lügen entzieht. Am Ende entfernt sich Mai-