Maimon als Augenzeuge
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Zustand, wenn sie durch andre Vorstellungen aus demselben herausgekommen waren, wieder zu versetzen und sich darin während der ganzen Andachtszeit ununterbrochen zu erhalten. Es war lustig anzusehn, wie sie oft ihr Beten durch allerhand seltsame Töne und possierliche Bewegungen (die als Drohungen und Scheltworte gegen ihren Gegner, den leidigen Satan, der ihre Andacht zu stören sich bemühe, anzusehn waren) unterbrachen und wie sie sich dadurch so abarbeiteten, daß sie gemeiniglich bei Endigung des Betens ganz ohnmächtig niederfielen .» 232
Maimon kennt nicht nur die theoretische Kabbala, er wird hier zum Zeugen der mystischen Andachts- und Gebetspraktiken der Chassidim, deren durchaus distanzierte Schilderung noch heute von einigem religionsgeschichtlichen und ethnologischen Interesse ist, praktiziert er doch exemplarisch teilnehmende Beobachtung». Denn durch die Eigenwilligkeit von Bibelauslegungen eines Jüngers des Rav Dov Baer von Meseritsch in gleicher Weise befremdet wie neugierig gemacht, wandert Maimon eines schönen Tages nach Meseritsch und erlangt Zugang am chassidischen «Hof» des großen Maggid und Nachfolgers des Ba’al Schern Tov, wo er anscheinend einige Wochen verbracht hat. Zunächst muß er am Sabbat am «Tisch» des ganz in weißen Atlas gekleideten - «sogar seine Schuhe und Tabaksdose waren weiß» - Maggid, eines Mannes von «ehrfurchteinflößender Gestalt», teilnehmen und bekommt dort dessen «Predigt» zu hören. Danach ist er «bei Hofe» gelitten. Aber das Charisma des Maggid hält nicht vor, obwohl Maimon «die ganze Gesellschaft nicht wenig wegen ihres zynischen [lies: kynischen] Wesens und ihrer Ausschweifung in der Fröhlichkeit» be- hagte:
«Es dauerte aber nicht lange, so fing ich schon an, von der hohen Meinung gegen diesen Obern und die ganze Gesellschaft überhaupt nachzulassen. Ich bemerkte, daß ihre sinnreiche Exegese im Grunde falsch und noch dazu bloß auf ihre ausschweifenden Grundsätze (Selbstvernichtung