152 Die Entdeckung des Chassidismus
u.s.w.) eingeschränkt war; hatte man diese einmal gehört, so bekam man nichts Neues mehr zu hören. Ihre sogenannten Wunderwerke ließen sich ziemlich natürlich erklären. Durch Korrespondenzen, Spione und einen gewissen Grad von Menschenkenntnis, wodurch sie vermittelst der Physiognomik und geschickt angebrachter Fragen indirekt die Geheimnisse des Herzens herauszulocken wußten, brachten sie sich bei diesen einfältigen Menschen den Ruf zuwege, daß sie prophetische Eingebungen hätten.»
«Ich wollte in dem Orte nicht länger bleiben. Ich ließ mir also von dem hohen Obern den Segen geben, nahm Abschied von der Gesellschaft mit dem Vorsatze, sie auf ewig zu verlassen, und reiste wieder nach Hause.» 233
Maimon nennt die Gründe, die ihn auf der persönlichen Ebene veranlassen, die Chassidim zu verlassen: Ihre Exegese ist falsch, ihre vermeintlichen Wunder sind keine, denn sie lassen sich natürlich erklären, und die ungebildeten oder einfältigen Anhänger der Chassidim werden von ihnen vorsätzlich getäuscht, indem ihnen prophetische Eingebungen vorgegaukelt werden.
Aber auch auf der allgemeinen Ebene macht Maimon klar, warum sich innerjüdisch Widerstand gegen die Chassidim regt, gerade nicht von seiten der Aufklärung wie Maimon, sondern von seiten der strengen halachisch Observanten Talmud-Gelehrten. Er konnte noch beobachten, wie die innerjüdische, orthodoxe Gegnerschaft im Gefolge des Gaon von Wilna, Elia ben Salomo (1720-1797), sich formierte und die Gegenbewegung der Mitnagdim («Widersacher» der Chassiden) ihrerseits die Chassidim verfolgte. Die Mitnagdim widersetzten sich ekstatischen Ritualen und magischen Praktiken ebenso wie jeglicher Wundertäterei (z. B. Krankenheilungen durch Auflegen von gesegneten Amuletten) oder Übertretung der Gebote. Sie beharrten auf dem unbedingten Gehorsam gegenüber den Geboten der Tora und dem althergebrachten Lernen des Talmud, und sie mißtrauten dem religiösen Überschwang der religiös ungelehrten, oft bäuerisch derben