Erster Band und eine Widmung von Bedeutung
231
licks an Wagner. Nordau wurde übrigens, als er zwei Jahre nach dem Erscheinen von Entartung zum Paris -Feuilletonisten der Wiener Neuen Freien Presse avancierte, Kollege von Hanslick , der die Musikkritik der Neuen Freien Presse jahrzehntelang beherrschte und sowohl als Journalist wie auch als an der Universität Wien lehrender Professor der Musikwissenschaft Brahms förderte, dagegen schon ganz früh zum weit beachteten Kritiker von Wagner und Bruckner wurde. Wagner seinerseits hatte ihn als Juden in der Figur des Beckmesser in den Meistersingern von Nürnberg karikiert . 90
Als Beispiel für Wagners »Erotomanie« werden von Nordau Passagen aus den Libretti der Walküre, des Parsifal und von Tri stan und Isolde wörtlich angeführt . 91 Nordau kennt Nietzsches Der Fall Wagner 92 , aber auch dessen frühe Schrift über Wagner in Bayreuth . Mit Nietzsche betont er die Bedeutung des Erlösungsmotivs bei Wagner , aber gegen Nietzsches »widerwärtig oberflächliche Witzelei « 93 und gegen dessen Kritik an Wagners Kniefall vor dem Christentum stellt Nordau die Differenzen zwischen Wagner und dem Christentum fest: Parsifal sei die Erlösungsoper schlechthin, aber »ein Niederschlag verworrener Erinnerungen an die Christologie« und eine »alberne und frivole Karikatur Jesu Chri sti «. 94
Den Vorwurf der Entartung erhebt Nordau vor allem gegen Wag ners von ihm selbst so hoch geschätzte Verse, nicht, wie Hanslick , gegen dessen Musik; vielmehr sei musikalische Begabung sogar durchaus kompatibel mit Entartung . 95 Große Musik überdecke jedoch nicht die »Lächerlichkeit seiner Ausdrucksweise, seine Plattheit, die Unbeholfenheit seiner Verse «. 96 »Wagner ist, trotz ablehnender Urtheile mancher seiner Fachgenossen, unzweifel-