I. Zionistenkongreß in Basel
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abgelehnt hat. 79 Er beugte sich also den religiösen Forderungen der jüdischen Orthodoxie nicht. Und als er Anna Kaufmann am 20. Januar 1898 auf der Mairie seines Pariser Arrondissements dennoch heiratet, tut er das im vollen Wissen darum, daß diese Ehe einen Bruch mit der Orthodoxie seiner alten Mutter und den Religiösen in der zionistischen Bewegung bedeutet, aber auch seiner Frau und seinen Nachkommen in den Augen der Rasse-Antisemiten den Makel der »Versippung« mit einem Juden einträgt. Seine Tochter Maxa, das wußte er, würde von den Rasse-Antisemiten, obwohl getauft, ohnehin als »Halbjüdin« etikettiert werden. Seiner Überzeugung von der Unausrottbarkeit des Antisemitismus gibt er im Jahr 1897 mehrfach öffentlich Ausdruck. Am prominentesten auf dem I. Zionistenkongreß in Basel, wo er am 29. August seine lang und gut vorbereitete Rede über das notwendige Scheitern der Assimilation angesichts des Antisemitismus hält. Nordau hat sie frei gehalten. Es war die mit dem größten Applaus aufgenommene Rede des ganzen Kongresses.
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I. Zionistenkongreß in Basel
»Nordau war am ersten Tag in der Redingote erschienen u. wollte durchaus nicht heimgehen u. den Frack nehmen«, schreibt Theodor Herzl am 3. September 1897 in einer Zusammenfassung des I- Zionistenkongresses in sein Zionistisches Tagebuch. »Ich zog ihn bei Seite, bat ihn, es mir zu Liebe zu thun. Ich sagte ihm: heute ist das Präsidium des Zionisten-Congresses noch gar nichts, wir müssen Alles erst etabliren. Die Leute sollen sich daran gewöhnen, in diesem Congress das Höchste und Feierlichste zu sehen. Er liess sich umstimmen, wofür ich ihn dankbar umarmte. Nach einer Viertelstunde kam er im Frack wieder.
Ueberhaupt war es während dieser drei Tage meine beständige Sorge, Nordau vergessen zu machen, dass er auf dem Congress der zweite war, worunter sein Selbstgefühl sichtlich litt. Ich be-
79 Anna Nordau, Max Nordau. Erinnerungen, S. 178.