Dreyfus und die Folgen
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schon bald auf den Widerspruch vor allem der zahlenmäßig schon seit Basel die Bewegung dominierenden russischen Delegierten stoßen würde. Nordau hat hier im Zweifelsfall Herzl sekundiert und der Ansiedelung des zionistischen Aktionskomitees in Wien nie widersprochen. Im Gegenteil: Paris hielt er wegen der Dreyfus- Affäre für gänzlich ungeeignet. Und nach dem Kongreß von Basel, der unter Zeitdruck, aber mit Optimismus und vielen Hochrufen beendet wurde, war Herzl unzweideutig als der Führer der Bewegung inthronisiert.
Die Drohnenschlacht
Nordau fuhr von Basel nicht nach Paris zurück, sondern gleich nach Berlin weiter, wo es Berufliches mit der Redaktion der Vossi- schert Zeitung zu regeln galt und wo er vielleicht auch die Reaktion auf sein öffentliches zionistisches Engagement prüfen wollte und mußte. Von Herzl ist bekannt, wie heikel seine Rückkehr von Basel in die Redaktion der Neuen Freien Presse war. 91 Nordau verhandelte dieweil in Berlin mit Oskar Blumenthal über Doktor Kohn, verbrachte einige Tage in Trebbin bei Hermann Sudermann auf dem Lande und kehrte dann erst nach Paris zurück, gerade rechtzeitig, um eine Amme für seine Tochter Maxa zu engagieren, weil Anna Kaufmann »die Mutterbrust versiegte«. 92 Den Rest dieses Herbstes verbringt er neben seiner Berufsarbeit mit einer nochmaligen Umarbeitung von Doktor Kohn, 9Z die jedoch auch nicht zum gewünschten Erfolg einer Aufführung des Stückes führt, und mit endlosen Fahnenkorrekturen für die beiden Bände von Die Drohnenschlacht, deren Satz der Verleger Duncker lange Monate »verbummelt« hatte. Nun soll das Buch innerhalb von wenigen Wochen druckfertig sein, Duncker will die Fahnen am 1 . Dezember zurück in Berlin haben, am 10. Dezember soll das Buch ausgelie-
91 Vgl. Herzl, Briefe und Tagebücher, Bd. II, S. 542f., 544f., 547f.
92 Brief Nordau-von jagow, Paris, 22.9.1897, ZZAA 119/283/277.
93 Brief Nordau - von Jagow, Paris, 30.10.1897, ZZA A 119/283/281.