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Wien, Paris, Madrid, London, Paris
bens dort ein wahres, wenn auch unerfreuliches Bild der Hauptstadt biete und deshalb eine »Geschichtsurkunde« sei 32 , andererseits jedoch der antimodeme Konservatismus und Chauvinismus von Barres darauf keine brauchbare Antwort enthalte: Den beschleunigten Neuerungen der Lebenswelt sei nur durch vernünftige, schrittweise Anpassung aller Lebensverhältnisse zu begegnen, affirmiert Nordau seinen eigenen, aus Darwin und Lamarck gemischten Evolutionismus.
»Die drei Fürsten« Paul Verlaine, Stephane Mallarme und Leon Dierx, die der zweite Teil von Zeitgenössische Franzosen behandelt, stellen für Nordau drei aufeinander folgende Leitsterne des französischen Lyriker-Himmels dar. Während für Verlaine und Mallarme jedoch jederzeit das aus Entartung bekannte Verdikt der »Gehirnerweichung« bereitsteht, sieht Nordau in Dierx eine Wendung zum Gesunden, die »Buße« der Lyrik Frankreichs für Mallarme, ein Sich-Abwenden von der Dekadenz.
Der dritte Teil »Dramatiker« ist dem zeitgenössischen französischen Drama gewidmet. Er enthält Theaterkritiken, wie sie Nordau über die Jahre nach dem Besuch von Uraufführungen zu Dutzenden verfaßt hat. Stücke von Alexandre Dumas, Henri de Bomier, Brieux, Paul Hervieu, Maurice Donnay, Francois de Curel, Jacques Normand, Octave Mirabeau, Victorien Sardou, Jules Lemaitre und Edmond Rostand werden besprochen. Zuletzt läßt Nordau sogar noch seine anläßlich einer französischen Aufführung entstandene und in der Redaktion der Neuen Freien Presse so umstrittene Don Carlos-Rezension von 1896 abdrucken und hat damit in diesem Buch, durchaus geschäftstüchtig, etwa 25 seiner Feuilletons noch einmal verwertet und neu vermarktet.
32 Max Nordau, Zeitgenössische Franzosen, Berlin 1901, S. 71.'