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Psychopathologie des Fin de siècle : der Kulturkritiker, Arzt und Zionist Max Nordau / Christoph Schulte
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Wien, Paris, Madrid, London, Paris

nes literarischen Werks schlecht selbst verteidigen konnte, wurde Nordau als einer der renommiertesten Kritiker Europas um Bei­stand für Herzl gebeten. Er hat offensichtlich gern sekundiert und fuhr gegen Achad Haam großes und grobes Geschütz auf, denn es waren ja auch seine eigenen Ideen von Zionismus getroffen, ln einem Artikel mit dem Titel Achad-Haam über >Altneuland< in der Welt (7. Jg. Nr. II) vom 13. März 1903 polemisiert Nordau nicht nur gegen Achad Haam, sondern gegen die ganze Richtung des Kul­turzionismus, die ihm nicht zusagt. Nordau hält am Primat der europäischen Kultur fest: Der judenstaat des Zionismus wird und soll ein »Stück Europa in Asien« sein. So ist Nordaus vernichtende Polemik gegen Achad Haam zugleich ein Selbstbekenntnis zum politischen Zionismus und zur europäischen Kultur. Nordau sar­kastisch über Achad Haam:

»(...) >Altneuland< ist zu europäisch. Es gibt da Zeitungen, Theater, Opernhäuser; man zieht für diese sogar weisse Hand­schuhe an. Ueberall Europäer, europäische Sitten, europäische Erfindungen. Nirgends eine besondere jüdische Spur.

In der Tat: >Altneuland< ist ein Stück Europa in Asien. Da hat Herzl genau das gezeigt, was wir wollen, worauf wir hinarbeiten. Wir wollen, dass das wiedergeeinte, befreite jüdische Volk ein Kulturvolk bleibt, so weit es dies schon jetzt ist, ein Kulturvolk wird, so weit es dies noch nicht ist. Wir ahmen dabei niemand nach, wir benützen und entwickeln nur unser Eigentum. Wir ha­ben an der europäischen Kultur mitgearbeitet, mehr als an unse­rem Teil; sie ist unser in demselben Masse wie der Deutschen, Franzosen, Engländer. Wir gestatten nicht, dass man einen Ge­gensatz zwischen jüdisch, unserem Jüdisch, und Europäisch konstruiere. Achad-Haam mag die europäische Kultur etwas Fremdes sein. Dann sei er uns dankbar dafür, dass wir sie ihm zugänglich machen. Wir aber werden nie zugeben, dass die Rück­kehr der Juden in das Land ihrer Väter ein Rückfall in Barbarei sei, wie unsere Feinde verleumderisch behaupten. Seine Eigenart wird das jüdische Volk innerhalb der allgemeinen westlichen Kultur entfalten, wie jedes andere gesittete Volk, nicht aber aus­serhalb, in einem kulturfeindlichen, wilden Asiatentum, wie Achad-Haam es zu wünschen scheint. (...)

Achad-Haam will keine Toleranz. Fremde sollen vielleicht ge-