Oktober desselben Jahres an Hermann Kindt geschriebenen Brief nimmt Freiligrath ausdrücklich „das Verdienst in Anspruch, den originellen Mann bei uns eingeführt ... zu haben.“ , 5
1873 erschienen die Californischen Novellen, 1873 bis 1875 Die Argonauten- Geschichten. Diese Werke wurden wiederum in zwei unsignierten Artikeln in den Grenzboten (1873, II, 254—263; 1875, II, 300—307, 340—350) und einem Artikel von Hermann Riotte in den Blättern für literarische Unterhaltung (1874, S. 186—188) besprochen. r> Damit sind wir an dem Zeitpunkt angelangt, als Harte die Aufmerksamkeit Fontanes auf sich lenkte.
II
Eine umfassende, kritische Schau des Amerikabildes in Fontanes Gesamtwerk, Briefen und Unterhaltungen fehlt noch. An Einzeluntersuchungen herrscht kein Mangel. Fontane war immer weltaufgeschlossen, interessierte sich lebhaft für Kulturgeschichte und für den Übergang vom „Alten“ zum „Neuen“, damit für Amerika. Nach 1871 war der Nährboden dem Wachstum dieses Interesses günstig. Dafür gab es hüben und drüben zwei geschichtliche Gründe. Deutslchand wie Nordamerika hatten in dem Jahrzehnt 1860—1870 langwierige innere Probleme durch Krieg(e) abgewickelt: Preußen (das Problem der deutschen Einheit) durch die Kriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich, Nordamerika (das Problem der amerikanischen Einheit) in seinem Bürgerkrieg. Die lange aufgestaute Expansivkraft beider Länder entwickelte sich enorm. Ein Symptom davon ist der starke Aufschwung deutscher Auswanderung nach Amerika in der Periode 1871—1884, 7 ein anderes die steigende Reisefreude in beiden Richtungen. Es nimmt deshalb nicht wunder, daß Amerkia in Fontanes Gedankenwelt im allgemeinen und seinen Romanen im besonderen öfters auftaucht, von I’Adultera über Schach von Wuthenow, Irrungen Wirrungen, Stine, Quitt, Effi Briest bis zum Stechlin.
Was aber die amerikanische Literatur im besonderen anbetrifft, so ist ihr dokumentierbarer Niederschlag bei Fontane erstaunlich gering. 8 In dem für die Öffentlichkeit bestimmten Werk Fontanes gewahrt man deutlich die Spuren James Fenimore Coopers (z. B. Von Zwanzig bis Dreißig, Cecilc, Der Stechlin) und, wie wir sehen werden, Bret Hartes; dazu kommt eine Kritik Longfellows (1860). Bedeutsam ist, daß im selben Jahr, das wir für die Abfassung des Bret-Harte-Essays ansetzen werden (1874), der Roman des amerikanischen Realisten William Dean Howells, A Foregone Conclusion, veröffentlicht wurde, über den im handschriftlichen Nachlaß Fontanes eine Rezension gefunden worden ist. Das Buch wurde sehr bald in Deutschland bekannt und 1876 übersetzt; es darf angenommen werden, daß die Rezension etwa zur selben Zeit angefertigt wurde — ob für eine bestimmte Veröffentlichung gedacht oder nicht, steht nicht fest. 9 Im umfangreichen Briefwerk Fontanes sucht man vergeblich nach Erwähnungen von Cooper, Irving, Hawthome, Thoreau, Emerson, Whitman, Mark Twain oder Henry James ; 9a nur Longfellow und Harte treten vereinzelt auf. Die Spärlichkeit der erhaltenen Zeugnisse über Fontanes Beachtung der amerikanischen Literatur und die Tatsache, daß sein Interesse für zeit-